An manchen Tagen klappt es nicht ganz so, wie man gerne möchte und alles kommt anders als erwartet. Wir sind in der Gobi Wüste unterwegs. Wir haben wundervolle Landschaften entdeckt und sind hunderte von Kilometern durch einsames Gebiet gefahren. Alles hat bis jetzt so geklappt, wie wir es uns vorgestellt haben. Die Gobi Wüste gefällt uns unglaublich gut und die ständig wechselnden Landschaften sind unglaublich schön. Wir haben superschöne Schlafplätze gefunden, genügend Holz für ein Lagerfeuer gesammelt und wunderschöne Sternenhimmel bestaunt. Heute läuft es aber nicht so wie geplant. Wir fahren durch ein sandiges Gebiet und plötzlich sind wir von grossen Wasserpfützen und Schlamm umgeben. Der Untergrund wird immer nasser und plötzlich bleiben wir im Schlamm stecken. Nichts geht mehr. Was nun?
Die Nacht haben wir bei den Flaming Cliffs in der Nähe von Bayanzag verbracht. Direkt bei dieser imposanten Landschaft aus Sandstein haben wir gemeinsam mit Noemi und Cyrill einen genialen Schlafplatz mit traumhafter Aussicht gefunden. Wir fahren seit ein paar Tagen gemeinsam mit den beiden Schweizern und ihrem Landrover durch die Gobi Wüste. Am späten Nachmittag sind wir angekommen und konnten die Falming Cliffs bei Sonnenschein bestaunen. Am Abend ziehen dann Wolken auf und um uns herum blitzt und donnert es heftig. Wir selbst werden von den Gewittern verschont und nur leichter Regen prasselt in der Nacht auf unser Fahrzeugdach.
Am nächsten Morgen fahren wir gemeinsam los. Unser nächstes Ziel ist das Ongi Kloster, welches im gleichnamigen Tal liegt. Die Landschaft ist flach und nur kleine Erhebungen sind in der Ferne zu sehnen. Unterwegs passieren wir immer wieder kleine mit Wasser und Schlamm gefüllte Pfützen. Wir folgen der direktesten Piste, die durch immer sandigere und kargere Landschaft verläuft. Die Fahrspuren verzweigen sich mehrmals und es wird immer schwieriger der Piste zu folgen. Nur noch eine kaum erkennbare Fahrspur führt in eine sandige Senke mit ganz wenig Bodenbewuchs. Wir sind umgeben von immer grösser werdenden Wasserpfützen. Ich versuche die nassen Stellen so gut wie möglich zu umfahren, aber es werden immer mehr. Dann geht es plötzlich ganz schnell. Die Wasserpfützen werden immer mehr und grösser. Ich finde keinen Weg mehr über trockenen Grund. Auch aufs Gaspedal drücken hilft nichts mehr und so stecken wir plötzlich fest.
Keinen Zentimeter geht es mehr weiter. Die Räder drehen nur noch im leeren, ohne das sie uns vorwärts bewegen würden. Weder rückwärts noch vorwärts. Keinen einzigen Zentimeter bewegt sich unser Fahrzeug. Ich steige aus und schaue mir den Schlamassel an. Unser Heck ist schon bis zur Achse abgesoffen und liegt auf dem Schlamm auf. Die Räder sind dick mit der lehmigen Masse verklebt und das Profil nicht mehr erkennbar. Wir stecken bis zu den Knien im Schlamm fest. Was nun? Wie kommen wir bloss wieder aus dem Schlamm inmitten der Gobi Wüste raus?
So haben wir uns in der Gobi Wüste wieder aus dem Schlamm befreit
Bis anhin haben wir grosses Glück gehabt und sind nie richtig stecken geblieben. Bei der Durchquerung der Simpson Wüste in Australien haben wir uns ab und zu im Sand eingebuddelt, aber wir konnten uns dabei immer ohne viel schaufeln ganz einfach befreien. Entlang der Canning Stock Route in Australien mussten wir bei der Überquerung einiger Sanddünen ganz schön kämpfen, damit wir nicht stecken blieben. Schlussendlich hat aber reduzierter Reifendruck und ein bisschen schaufeln immer geholfen. Auch die abenteuerliche Fahrt durch die vielen Flüsse und schlammigen Passagen entlang des Old Telegraph Tracks zum Cape York, dem nördlichsten Punkt von Australien, haben wir geschafft ohne stecken zu bleiben
Hier in der Mongolei ist es nun passiert. Wir sind im Schlamm stecken geblieben und zwar ganz schön tief. Natürlich sind wir auf solche Fälle vorbereitet und haben Bergungsmaterial mit dabei. Wir haben Maxtrax Sandbleche, Schaufel und Abschleppseil. Schauen wir mal, ob das reicht.
Wir legen unsere Maxtrax Sandbleche bereit und ich beginne zu schaufeln. Der lehmige Schlamm ist aber ganz schön klebrig und hartnäckig. Innert Kürze ist die ganze Schaufel verklebt und sie wird immer schwerer. So ist das Freischaufeln der Räder ganz schön anstrengend. Ich versuche Kanäle vor den Rädern freizuschaufeln, sodass wir über die Sandbleche auf trockenen Grund fahren können. Den Reifendruck reduziere ich auch, damit die Auflagefläche der Reifen grösser wird und wir mehr Grip haben.
Die Sandbleche sind positioniert und ich versuche rauszukommen. Nichts geht, keinen Zentimeter bewegt sich unser Fahrzeug im Schlamm. Weder vorwärts noch rückwärts. Das Einzige was passiert ist, dass ich unser Fahrzeug noch tiefer in den Schlamm grabe. Das Profil der Reifen ist komplett mit dem klebrigen Lehm gefüllt und greift einfach nicht. Ich muss mehr schaufeln, um die Maxtrax besser unter den Reifen positionieren zu können. Zu früh probiere ich es nochmals und noch immer geht gar nichts. Nach einer Stunde schaufeln werden die Wolken über uns immer dunkler und es beginnt leicht zu regnen. Mensch, nicht auch das noch. So wird der Untergrund noch nasser und ein rauskommen noch schwieriger.
Durch das ständige Durchdrehen der Räder habe ich uns inzwischen noch tiefer eingegraben und es wird immer schwieriger rauszukommen. Bevor der Regen noch stärker wird, müssen wir hier rauskommen. Jetzt muss es schnell gehen. Schliesslich sind wir zwei Fahrzeuge und wir können auf die Hilfe von Noemi und Cyrill zählen. Sie positionieren ihren Landrover auf einem trockenen Bereich und bereiten die Seilwinde vor. In der Zwischenzeit positioniere ich unsere Sandbleche so gut wie möglich. Alles ist vorbereitet. Ich starte unser Fahrzeug und während Cyrill die Seilwinde einzieht, versuche ich vorwärts zu fahren. Zu Beginn geht gar nichts. Dann wird aber der Zug auf der Seilwinde grösser und langsam bewegt sich Taku Zentimeter für Zentimeter vorwärts. Dann greifen die Reifen auf den Sandblechen, das Heck ist aus dem Schlamm und dann geht es rasch vorwärts und ich stehe wieder auf trockenem und stabilem Grund.
Nun müssen wir aber zuerst einen Weg aus diesem Minenfeld von Schlammpfützen finden. Ansonsten ist das Risiko gross, dass wir uns gleich wieder einbuddeln. Cyrill ist mit seiner Drone über das Gebiet geflogen und hat gesehen, dass es in die Richtung, in welche wir unterwegs sind kein Durchkommen gibt. Immer mehr Wasser und Lehmpfützen versperren den Weg. In westlicher Richtung können wir am schnellsten trockenen Grund erreichen, ein etwa 10 Meter breiter Streifen Wasser versperrt uns aber den Weg. Zu Fuss versuchen wir einen möglichen Weg zu finden. Den Wasserstreifen sollten wir mit genügend Geschwindigkeit überqueren können. Wir versuchen uns den Kurs einzuprägen und uns die kritischen Stellen zu merken. Zur Orientierungshilfe gehen unsere Beifahrer Noemi und Reni voraus und zeigen uns den Weg. Vor der kritischen Stelle mit der breiten Wasserpfütze steigen die beiden wieder ein und wir fahren mit etwas Anlauf durch. Es schüttelt uns ganz schön durch und Schlammfontänen spritzen an unseren Fahrzeugen empor. Geschafft! Wir haben wieder trockenen und griffigen Grund unter den Rädern.
Was haben wir aus dem Steckenbleiben in der Gobi Wüste gelernt?
Wie immer sind verschiedene Faktoren zusammen gekommen und haben dazu geführt, dass wir mitten in der Gobi Wüste im Schlamm stecken geblieben sind. Zum Glück sind wir ja auf solche Zwischenfälle vorbereitet und wissen, wie wir uns aus misslichen Situationen wieder befreien können. Trotzdem ist es auch wichtig aus Fehlern zu lernen, um in Zukunft solche Situationen zu vermeiden.
Folgende Dinge habe ich aus dem Steckenbleiben in der Gobi Wüste gelernt:
- Vorausschauendes Fahren ist ganz wichtig um zu verhindern, dass man im Schlamm steckenbleibt. Eigentlich habe ich gesehen, dass wir auf eine Senke zufahren und es immer nasser wird. Ich habe auch gesehen, dass es plötzlich keine Fahrspuren mehr hat. Trotzdem bin ich weitergefahren. Ich habe versucht die nassen Stellen zu umfahren und über die trockenen Bereiche zu fahren. Die nassen Stellen wurden aber immer mehr und ich konnte einfach nicht mehr allen ausweichen. Besser ich hätte frühzeitig gestoppt und wir wären wieder zurückgefahren.
- Bei weichem Untergrund wie Sand oder auch Schlamm muss der Reifendruck unbedingt reduziert werden. Die Regel „Harter Untergrund harte Reifen, weicher Untergrund weiche Reifen“ hat sich einmal mehr bewahrheitet. Auch wenn es Zeit braucht nach der Fahrt über weichen Untergrund die Reifen wieder zu pumpen, sollte man diesen Aufwand nicht scheuen.
- Bleibt man im Schlamm stecken, ist es wichtig zuerst die Situation zu analysieren und nicht einfach ohne Plan zu handeln. Durch meine mehrmaligen Versuche aus dem Schlamm zu fahren, habe ich unseren Taku nur noch tiefer in den Schlamm eingegraben. Bleibt man stecken, sollte man sich also zuerst überlegen, wie man am besten wieder aus dem Schlammassel kommt, bevor man zu viel Gas gibt.
- Das richtige Fahrzeug und die richtige Ausrüstung ist ein absolutes Muss. Unser Toyota LandCruiser ist ein sehr geländetaugliches Fahrzeug. Allerdings ist es mit der gesamten Ausrüstung, zwei vollen Dieseltanks, vollem Wassertank und unserem ganzen Hab und Gut auch sehr schwer. Wir haben gute Bereifung, welche aber ein Kompromiss zwischen Fahrkomfort und Offroad Tauglichkeit ist. Mud Terrain Bereifung wäre für solche Situationen sicher besser. Wir haben Bergungsmaterial wie Maxtrax Sandbleche, Schaufel, Abschleppseil und Snatch Strap dabei. Könnten wir uns nicht selber befreien und müssten auf Hilfe warten, haben wir immer genügend Lebensmittel und Wasser dabei.
- Sandbleche wie die Maxtrax sind sehr hilfreich, wenn man sich im Schlamm festgefahren hat. Allerdings muss man die Schaufel in die Hand nehmen und die Reifen genügend freischaufeln, um die Sandbleche richtig einsetzten zu können. Nur wenn die Reifen genügend Grip auf den Sandblechen haben, kann man sich aus dem Schlamm befreien. Die Maxtrax sind für Sand und auch Schlamm entwickelt worden. Sie sind mit griffigen Noppen versehen und erhöhen damit die Traktion der Reifen. Trotzdem ist es nicht einfach die Maxtrax genügend weit unter die Reifen zu kriegen.
- Schlussendlich ist es immer eine gute Idee, wenn man kritische Strecken nicht alleine fährt sondern mit mindestens zwei Fahrzeugen unterwegs ist. Wir sind durch die Gobi Wüste mit Noemi und Cyril gefahren und die beiden haben uns schlussendlich mit Ihrer Seilwinde aus dem Schlamm geholfen. An dieser Stelle nochmals herzlichen Dank euch beiden.
Hier gibt’s ein kurzes Video mit Impressionen aus der Gobi Wüste
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Bist du auch schon mal mit deinem Fahrzeug stecken geblieben? Wo war das und wie hast du dich wieder aus dieser Situation befreit? Lass uns und unsere Leser von deinen Abenteuern teilhaben.
Offenlegung: Die Maxtrax wurden uns zur Vefügung gestellt.
Spannender Bericht, Abenteuer pur, zum Glück mit gutem Ausgang und um einige Erfahrungen reicher.
Manchmal braucht es Tage wo man an Grenzen geht. Vor allem hattet ihr eine Gratis Fitnessstunde. Aber das wichtigste ist, dass ihr nicht zu Schaden gekommen seid. Liebe Grüsse Ma und Pa
Herzlichen Dank für eure Worte. Eine gratis Fitnessstunde war es für Marcel definitiv. Ich hatte es ja gut als „Fotografin“. Und es war super, dass wir mit zwei Fahrzeugen unterwegs waren. So waren wir für eine solche Situation gut ausgerüstet mit Material und Manneskraft.
Liebe Grüsse zurück,
Reni und Marcel
Ach du meiiine Güte, läck du mir am Tschööpli! Zum Glück habt ihr noch zwei so Verrückte dabei! 😉 Aber für die Story und die Fotos hat sich dieses Schlamm- Erlebnis wohl schon gelohnt, was?
Das mit dem Anlauf nehmen war sicher lustig und sehr vernünftig. Ich bin auch mal mit zuwenig „Schuss“ mit dem Longboard über die Tramschienen gefahren- Ergebnis: ein schöner rechtwinkliger Gips vom Oberarm bis zu den Fingerknöcheln. So macht jede*r ihre und seine Erfahrungen 🙂
Bin froh, dass euch nichts passiert ist! Macht, dass ihr aus dieser Wüste rauskommt!
Allerliebste Grüsse
Silv
Hey Silv
Danke für deine Nachricht. Ja, es war schon verrückt. Es ging irgendwie einfach so schnell. Von der trockenen, sandingen Piste, landeten wir plötzlich in einem Schwemmgebiet voller Pfützen, die immer grösser wurden. Wenn uns schon mal sowas passiert (zum Glück ist das eine Ausnahme), musste ich das doch auf Fotos festhalten.
Aus der Wüste sind wir jetzt raus und machen uns auf den Weg nach Europa. Es wird hier nämlich kalt, der Winter ist im Anzug.
Liebe Grüsse und bis gli i de Schwiiz,
Reni
Servus ihr zwei
So sehen Abenteurer aus, mit Sonntagshose und Flip – Flops. Der Job vom Beifahrer ist auch nicht ohne, durch den Dreck marschieren und den Weg weisen. Toller Bericht, weiter so :-). auf solche Berichte haben wir gewartet
Liebe Grüße
Tom und Daggi
Hallo ihr Lieben
Ja, gell. Endlich mal was aus dem wahren Leben der Abenteurer. Im Schlamm buddeln war gutes Fitnesstraining für Marcel und ich hab mich mit Fotografieren des Schlamassels abgelenkt. Wünschen euch eine gute Zeit und hey, wir sind auf dem Weg in eure Richtung 😉
Liebe Grüsse aus Russland,
Reni und Marcel