Der erste Abschnitt des Continental Divide Trail führt vom Crazy Cook Monument an der mexikanischen Grenze nach Lordsburg und ist 84 Meilen / 135 km lang. Der Streckenverlauf ist relativ flach und führt durch die Wüste von New Mexiko. Je nach Jahreszeit kann es sehr heiss sein, natürliche Wasserquellen gibt es keine und die Wasserdepots welche von der Continental Divide Trail Coalition bereitgestellt werden, sind eine grosse Erleichterung. Schatten ist rar auf diesem Abschnitt und die Pflanzenwelt ist karg und stachlig. In diesem Beitrag beschreiben wir unsere ersten Wandertage auf dem Continental Divide Trail.
CDT Tag 1 – Fahrt zum Crazy Cook Monument und erste Schritte
Mit einer kleinen Verspätung wegen des Ausfalls eines Fahrers erreichen wir kurt vor 13 Uhr das Crazy Cook Monument am südlichen Ausgangspunkt des Continental Divide Trails.
Bevor wir loslaufen, essen wir eine gefüllte Fajita. Dieses Mittagessen werden wir die kommenden Monate wohl noch sehr oft zu uns nehmen. Na, dann. Einen Guten.
Auch nach dem Essen können wir noch nicht loslaufen. Diesen Moment wollen wir auf Fotos und Videos festhalten. Auch ein kurzer illegaler Besuch auf der mexikanischen Seite des Grenzzaunes darf natürlich nicht fehlen. Der bequeme TV-Sessel ist einfach zu verlockend. Eine Stunde später sind wir endlich soweit. Um 14 Uhr laufen wir bei herrlichem Wetter los. Es ist zwar heiss, doch der Wind macht die Hitze erträglich. Bald schon haben wir die erste Meile geschafft. Jetzt sind es nur noch etwa 4’999 km.
Der Trail ist mal ein schmaler Pfad, mal eine breite Kiesstrasse, mal ein Bachbett und manchmal gar nichts von allem. Dank Marcel’s neuer Garmin Uhr finden wir den Weg spielend und auch die CDT Wegweiser helfen, uns nicht zu verlaufen.
Als der Wind weg ist, wird es plötzlich brütend heiss. Über 38 Grad misst Marcel’s Uhr. Ganz schön heftig für unseren ersten Wandertag. Doch haben wir etwas anderes erwartet? Nein. Schliesslich sind wir ja auch in der Wüste von New Mexico.
Wir wandern bis 19:30 Uhr und sind hundemüde. Die Hitze hat uns etwas zugesetzt. Doch immerhin ist es unter dem Baum, wo wir einen Platz zum Übernachten gefunden haben, schön kühl. Wir entscheiden uns fürs Cowboy campen. Erstens, weil wir so das Zelt nicht aufstellen müssen. Zweitens, weil es genug warm ist und wir es lieben unter freiem Himmel zu schlafen.
Während Reni das Abendessen zubereitet, es gibt eine Ramen-Bomb, legt sich Marcel etwas hin. Sein Kopf pocht und es ist ihm übel. Typische Anzeichen für einen Sonnenstich. Bei der Hitze am Nachmittag kein Wunder. Auch wenn sein Appetit dürftig ist, geht es ihm nach dem ersten Bissen gleich viel besser.
Kaum sind wir fertig mit essen, wird es dunkel. Die Sonne geht im Moment (Mitte April) um 20 Uhr unter. Satt kriechen wir in unsere Schlafsäcke, schauen in den Himmel, dann einander in die Augen und lächeln. Wir sind sehr glücklich hier sein zu dürfen. Nun freuen wir uns auf alles, was uns auf dem CDT erwartet. Es wir schön, anstrengend, wundervoll, brutal, heiss, kalt, nass, stürmisch und vielleicht auch ab und zu ein bisschen gefährlich. Doch wir haben uns und zusammen werden wir alle Hürden meistern.
CDT Tag 2 – Die heisse Wüste von New Mexiko
Was für eine Nacht. Das erste Mal schlafen auf dem CDT war erfolgreich. Vor allem, weil wir nicht im Zelt, sondern in freier Natur geschlafen haben. Das Cowboy campen ist irgendwie einfach cool. Unterlage auslegen, Matte aufblasen, Schlafsack auspacken, reinkriechen und schlafen. Und wenn wir nachts aufwachen, sehen wir tausend Sterne. Einfach genial.
Wir haben bereits unsere Routine und sind eingespielt, doch noch dauert alles etwas lange. Denn obwohl wir kein Zelt zusammenpacken müssen, brauchen wir über eine Stunde bis wir fertig sind zum Loslaufen. Da haben wir noch Verbesserungspotenzial.
Die Sonne ist bereits aufgegangen und kitzelt ab und zu unser Gesicht. Die ersten Meilen laufen wir durch das kiesige Flussbett und geniessen die frische Morgenluft.
Vom trockenen Flussbett geht es auf einer breiten Kiesstrasse weiter. Wir sind nun auf der gleichen Schotterstrasse unterwegs, wie gestern. Bald kommen uns drei Pickups entgegen. Es sind die Pickup Shuttle, die mit neuen Hikern zum Crazy Cook Monument fahren.
Wir staunen nicht schlecht, als uns einer der CDT Hiker aus dem Fahrzeug zuwinkt. Es ist Sweetheart, ein Deutscher Weitwanderer, den wir bereits auf dem PCT getroffen haben. Die Welt ist klein.
Wir kommen an zwei Water Caches vorbei, wo wir unsere Trinkwasserreserven auffüllen können. Auch wenn es Wassertanks bei Viehtränken gibt, sind wir unglaublich dankbar über die zusätzlichen Wasserdepots. Sonst müssten wir nämlich ganz schön viel Wasser schleppen.
Im Moment ist es unglaublich heiss und das Thermometer klettert um die Mittagszeit auf 35 Grad. Bei der Hitze durch die Wüste wandern, wo es kaum Schatten gibt, macht so keinen Sinn. Deshalb gönnen wir uns im Schatten hinter einer Informationstafel nahe dem Highway eine ausgedehnte Mittagspause.
Kurz nach 3 Uhr wagen wir es wieder auf den Trail. Zuerst laufen wir durch flaches Gebiet mit vielen, stachligen Büschen. Dann wechselt das Landschaftsbild. Flach ist es zwar noch immer, doch der Boden ist übersät mit Wildblumen. Da es vor kurzem geregnet hat, blüht zur Zeit die Wüste. Traumhaft schön.
Langsam kommen leichte Anstiege und wir kommen bei der Hitze ganz schön ins Schwitzen. Unsere neuen Langarmshirts sind der perfekte Sonnenschutz.
Bald treffen wir wieder auf eine breite Kiesstrasse und wir kommen gut voran. Als der Trail in einen Pfad abbiegt, steuern wir auf eine Kuhherde zu. Da die Tiere riesige Hörner haben, wird es Reni mulmig. Doch Marcel weiss, wie man sich verhält. Er geht bestimmt weiter und die Kühe treten einen Schritt zurück. Sie beobachten uns so lange, bis wir aus dem Sichtfeld sind.
Als wir abends um 18 Uhr am Camp ankommen, haben wir fast 19 Meilen / 30 km geschafft. Wir sind sehr zufrieden mit dem zweiten Tag auf dem CDT.
Es ist immer noch sehr sehr warm, deshalb entscheiden, wir uns wieder zum Cowboy campen. Das hat sich bewährt. Nach einer Portion Knorr Mexican Rice geniessen wir den herrlichen Ausblick auf die gegenüberliegenden Hügel, geniessen der Sonnenuntergang und als wir später im Schlafsack eingemummelt sind, schauen wir in den Sternenhimmel bis uns die Augen zufallen.
CDT Tag 3 – Von Wasserdepot zu Wasserdepot
Es ist still. Einfach nur still. Und dann die sanfte Musik unseres Weckers. Es ist 5 Uhr und noch stockdunkel. Wir schauen in den Himmel, bewundern die Sterne und die Milchstrasse, bevor wir auf unseren knisternden Isomatten aufsitzen. Zwei Tassen Kaffee und ein Topf Müesli sind schnell zubereitet. Beim Essen nehmen wir uns länger Zeit.
Marcel fragt mich: „Wie hast du denn geschlafen?“ „Gut, danke. Bin zwar immer wieder aufgewacht, doch ich fühle mich erholt und bin bereit für einen neuen Tag auf dem CDT. “ Und du, frage ich: “ Geht mir ebenso. Die starken Windböen waren etwas anstrengend, doch sonst alles prima.“
Als wir den letzten Schluck Kaffee austrinken, geniessen wir nochmals die herrliche Aussicht auf den gegenüberliegenden Hügelzug.
Punkt 6 Uhr, noch vor dem Sonnenaufgang, sind wir bereit und laufen los. Heute sind wir sogar 15 Minuten schneller fertig mit zusammenpacken. Ein erster Erfolg.
Im Dunkeln laufen wir mit der Stirnlampe los, doch wir brauchen sie nur die ersten paar Minuten. Dann hilft uns das erste Licht den Weg zu finden.
Es folgen leichte Auf- und Abstiege. Ein gutes Training für die kommenden Monate, wenn es in die Berge geht. Wir sind froh um den sanften Start, denn wir müssen uns wieder an das Gewicht unserer Rucksäcke gewöhnen.
Bald erreichen wir das erste Wasserdepot, wo wir unsere Trinkflaschen auffüllen und eine grosse Portion Sonnencreme auftragen. Dass neben Wasser auch Sonnencreme für uns Hiker zur Verfügung steht, ist sehr, sehr cool.
Obwohl wir durch die Wüste wandern, ist es landschaftlich unglaublich abwechslungsreich. Hügelzüge, Ebenen mit riesigen Kakteen, wilde Wüstenblumen und stachlige Büsche, es gibt immer etwas zu sehen.
Obwohl wir ständig stehen bleiben, um zu fotografieren und filmen, schaffen wir bis 17 Uhr wieder 19 Meilen / 30 km. Unter einem Baum finden wir einen superschönen Platz zum Übernachten und die dritte Nacht in Folge heisst es wieder: Cowboy campen.
Wann wir wohl das Zelt das erste Mal auf dem CDT aufstellen?
CDT Tag 4 – Riesige Kuhweiden
Um 5 Uhr aufstehen, hat sich bewährt. Als wir die Nase aus unseren Schlafsäcken stecken, bläst uns kühle Luft ins Gesicht. Die Temperatur ist gefallen und wer weiss, vielleicht ist die Hitzewelle ja vorbei.
In der kühlen Morgenfrische laufen wir über einen Hügel und frieren ganz schön an die Finger. Zum Glück gibt wandern warm und sobald wir eingelaufen sind, kommt die volle Energie. Die frischen Temperaturen sind super zum Laufen und so kommen wir sehr gut voran.
Gegen 8 Uhr erreichen wir den Water Cache, wo wir je 2.5 Liter Wasser auffüllen. Das reicht uns bis am Nachmittag. Nach dem überqueren der Strasse tauchen wir gleich wieder in die Abgeschiedenheit der Wüste ein.
Das Terrain ist für etliche Kilometer flach und führt durch eine Ebene. Es gibt auch längere Abschnitte, die wir auf Schotterstrassen zurücklegen. So kommen wir zügig voran und bis zur Mittagspause schaffen wir 14 Meilen. Das ist gut so, denn am Nachmittag soll es starke Winde geben.
Und genauso ist es. Kaum haben wir unseren Mittagsspot unter der Palme verlassen, bläst uns ein starker Wind entgegen. Das laufen ist anstrengend, denn wir müssen gegen den Wind kämpfen. Rückenwind wär natürlich edel, doch in unsere Richtung gibt es nur Gegenwind.
Wir durchqueren grosse Weiden und sehen sogar Kühe. Wir fragen uns jedoch, was die zu Fressen haben, denn der Boden ist ausgetrocknet und es wachsen nur spärlich Pflanzen.
Dank den Kühen gibt es in diesem Abschnitt auf dem CDT Kuhtränken, wo wir ebenfalls Wasser nehmen können. Doch manchmal sieht das Wasser wenig einladend aus. Und manchmal ist der Wassertank so hoch, dass man über eine Leiter hochklettern muss, um Wasser zu holen. Marcel wird beim Wasser fassen von etlichen Kühen beobachtet. Leider lässt uns dann unser Wasserfilter im Stich, sodass wir heute auf die Micropur Tabletten zurückgreifen müssen, um das Wasser sicher trinkbar zu machen.
Beim Pyramid Peak finden wir wieder unter einem Baum einen Platz zum Cowboy campen. Wir richten uns ein und hoffen, dass die starken Windböen bald aufhören. Die Temperatur ist massiv gefallen und wir suchen diesmal keinen Schatten, sondern einen Platz an der Sonne.
CDT Tag 5 – Zurück in Lordsburg
Die schönste Zeit zum Wandern sind für uns die Morgenstunden. Wenn wir nach dem Kaffee und dem Müesli unsere Rucksäcke über die Schultern Hängen und in den Sonnenaufgang wandern, ziehen sich unsere Mundwinkel automatisch hoch. Diese Momente machen uns glücklich.
Wir haben 12 Meilen vor uns bis Lordsburg, wo wir unsere erste Etappe mit einem Burger feiern werden. Auf dem Weg in die Stadt kommen wir am Veterans Park vorbei. Dort soll es fliessend Wasser geben. Wir suchen und finden den Hahn, wo wir unsere stinkenden Sun-Hoodies, Socken, Unterhosen und T-Shirts waschen können. Und auch wir waschen uns gründlich, sodass wir uns frisch in die Stadt wagen können.
Pünktlich um 12 Uhr stehen wir dann vor dem McDonalds. „Ein Big Mac und ein Cheese Burger Menü Medium bitte.“, sagen wir mit einem breiten Grinsen zur Kassiererin. Keine fünf Minuten später verschwindet ein Pommes Frites nach dem andern in unseren hungrigen Mündern.
Mit einem Burger mehr im Magen spazieren wir zufrieden zur Bibliothek. Unsere Telefone und auch Powerbanks sind komplett leer. In der Bibliothek können wir unsere Elektronik laden und nach fünf Tagen auch wieder mal ins Internet.
Wir sind überwältigt von den vielen Nachrichten auf WhatsApp, Facebook und Instagram und versuchen alle zu beantworten in der kurzen Zeit die uns bleibt. Bis 6 Uhr können wir bleiben.
Während Marcel in der Bibliothek bleibt, geht Reni für die nächste Etappe einkaufen. Ein junges amerikanisches Paar gesellt sich zu Marcel. Die beiden sind per Anhalter im ganzen Land unterwegs und es werden interessante Gespräche ausgetauscht.
Punkt 18 Uhr verlassen wir die Bibliothek, sind dankbar, um solche Institutionen und zur Feier des Tages gönnen wir uns noch einen Burger auf dem Heimweg.
Erst um 19 Uhr laufen wir dann weiter. Wir haben uns gegen ein Hotel entschieden und wollen noch zurück auf den Trail. Es ist bereits dunkel, als wir auf einer Kuhweide unsere Isomatten ausbreiten und müde in die Schlafsäcke kriechen.
Auf YouTube findest du das Video zum ersten Abschnitt des Continental Divide Trail.