Der zweite Abschnitt des Continental Divide Trail führt vom Lordsburg nach Silver City und ist 74 Meilen / 119 km lang. Der Streckenverlauf ist noch relativ flach doch es gibt auch erste Anstiege und mehr Vegetation. Wir befinden uns immer noch in der Wüste von New Mexiko. Wasser ist immer noch rar, aber wir treffen auch auf die erste natürliche Wasserquelle in Form eines kleinen Bachs. Unser Timing könnte nicht besser sein und am Ende dieses Abschnitts treffen wir genau auf die CDT Trail Days in Silver City.
In diesem Beitrag beschreiben wir unsere Erlebnisse auf dem zweiten Abschnitt des Continental Divide Trail.
CDT Tag 6 – Von Lordsburg Richtung Norden
Ein kalter Wind bläst uns beim Aufwachen ins Gesicht. Die Temperaturen sind massiv gefallen, vor allem auf der grossen Fläche der Kuhweide. Der Kaffee wärmt uns schnell auf. Plötzlich sehen wir nicht weit weg von uns ein Feuer. Was ist das denn? Verbrennt jemand seinen Müll im Garten? Als wenige Minuten später ein Polizeiauto nach dem andern zum Haus fährt, wissen wir, es ist was gröberes. Die Feuerwehr und ein Krankenwagen folgen auch bald.
Wir packen unsere Sachen zusammen und verschwinden. Schliesslich wartet der CDT auf uns. Die ersten Meilen legen wir schnell zurück, denn der Trail geht durch die Ebene mit einer stetigen leichten Steigung.
Doch uns erwartet heute ein erster langer Aufstieg. Auf dem Weg zum höchsten Punkt auf rund 2’000 m ü. M. füllen wir unsere Wasserreserven auf. Leider gibt es auf den nächsten 23 Meilen / 37 km keine verlässlichen Wasserquellen. So schleppen wir Wasser für den Nachmittag und den kommenden Tag. Unsere Rucksäcke sind so gleich 4.5 kg schwerer. Uff… und ausgerechnet geht es bei über 30 Grad auch noch steil aufwärts.
Naja, ist ein gutes Training für die anspruchsvollen Berge in Colorado. Als wir den höchsten Punkt erreicht haben, geht es auf der Rückseite des Berges wieder ins Tal hinunter. Die Landschaft ändert sich schlagartig.
Wir sind nun im Gila Ntional Forest, wo es viele Bäume hat und es ist ganz speziell wieder einmal unter schattenspendenden Bäumen laufen zu können. Am Nachmittag überschreiten wir den ersten Meilenstein. Die ersten 100 Meilen des Continental Divide Trail haben wir geschafft.
Gegen 17 Uhr erreichen wir den Highway, wo uns eine geniale Überraschung erwartet. TRAIL MAGIC mit Wasserflaschen, Ice Tea und Süssigkeiten stehen für CDT Hiker bereit. Wir sind so dankbar, vor allem für das Wasser und den Ice Tea.
Wir treffen Woody, ein Hiker aus Wales und tauschen uns aus. Er läuft später noch weiter, wir entscheiden zu bleiben und finden im lichten Wald einen schönen Platz zum Cowboy campen. Schon wieder bleibt unser Zelt unbenutzt.
CDT Tag 7 – Trail Magic versüsst unser Leben
Ganz in der Nähe von unserem Camp führt der New Mexico State Highway 90 durch. Doch wir haben nur vereinzelt das dumpfe Geräusch von Lastwagen gehört.
Um 6 Uhr sind wir wieder bereit für einen neuen Wandertag. Es wird ein Anstrengender mit vielen Auf- und Abstiegen. Doch bevor es so richtig schweisstreibend wird, werden wir erneut mit Trail Magic überrascht.
Als wir den Jacks Peak Trailhead erreichen und die Getränke, das Wasser und eine Box mit Süssigkeiten sehen, freuen wir uns wie kleine Kinder. Dort treffen wir auch auf drei andere CDT Hiker. Mit den zwei älteren Wanderern kommen wir ins Gespräch und freuen uns über die Gesellschaft. Schliesslich müssen wir es ausnutzen, wenn wir schon andere Hiker antreffen. Adam kommt aus Idaho und Alex aus Austin, Texas.
Nach einer längeren Pause verabschieden wir uns und stapfen los. Ein langer, steiler Aufstieg zum Jacks Peak steht bevor und dann gleich noch einer zum Burro Peak. Wir sind inzwischen auf über 2’400 m ü. M.
Auf dem Abschnitt zwischen Lordsburg und Silver City ist Wasser rar und wir müssen gut planen und auch öfters viel Wasser schleppen. Wir sollten aber bald in eine Gegend kommen, wo es Bäche hat, die Wasser führen.
Kurz vor 17 Uhr überqueren wir eine Forststrasse, passieren ein Gate und finden kurz darauf einen Platz zwischen den Bäumen. Als erstes breiten wir die Zeltunterlage aus, machen unsere Dehnübungen, waschen uns mit Feuchttüchern den Staub von den Beinen und auch das Gesicht kriegt etwas Pflege.
Später stellen wir zum ersten Mal auf dem CDT das Zelt auf. Und dann heisst es auch schon wieder Abendessen, relaxen und schlafen.
CDT TAG 8 – Wir erreichen Silver City
Wir geben Gas, denn wir haben ein Ziel vor Augen. Silver City und die Trail Days.
Die ersten Meilen früh morgens sind für uns die Einfachsten, denn dann strotzen wir vor Energie. Auch wenn wir abends todmüde auf unsere Isomatte fallen, merken wir am nächsten morgen kaum etwas von den Anstrengungen. Wir finden es faszinierend, wie sich der Körper so schnell erholt. Und genau deshalb ist guter Schlaf wichtig.
Kurz nach 7 Uhr kommen wir am Red Rock Trailhead vorbei. Die Beschilderung ist jedoch so schlecht, dass wir zuerst in die falsche Richtung wandern. Marcel navigiert mit der Karte auf dem Smartphone. So klappt es dann prima.
Ein steiler Aufstieg folgt, doch es ist noch frisch und angenehm. Oben angekommen überblicken wir den Gila National Forest. Nach einem Aufstieg geht es natürlich auch irgendwann wieder abwärts.
Als wir bei einem Wassertümpel vorbeikommen, der als Kuhtränke dient, hören wir plötzlich ein komisches Geräusch. Es klingt gequält. Marcel schaut sich um und ruft: „Eine Kuh liegt im Sterben.“
Tatsächlich. Eine Kuh mit Schaum um den Mund liegt am Boden und versucht sich vergebens aus dem Stacheldraht zu befreien. Sie hat sich mit den Beinen im Stacheldraht verheddert und auch um den Hals ist der Draht gewickelt. Langsam geht Marcel näher zur Kuh und versucht mit dem Trekkingstock den Draht über den Kopf zu ziehen. Leider bleiben alle Versuche erfolglos. Es tut uns im Herzen weh, das arme Tier zurück zu lassen. Doch wir können nichts tun.
Langsam laufen wir weiter, gedankenverloren. Um die Mittagszeit biegen wir einmal mehr von einer breiten Kiesstrasse auf einen schmalen Trail ab. Bald kommen wir zum Saddle Rock, wo es fliessend Wasser geben soll.
Die Schlucht, durch die wir laufen, wird immer grüner. Ein Zeichen, dass es Wasser geben muss. Und tatsächlich. Wir stehen vor einem breiten, sandigen Flussbett mit einem schmalen Rinnsal an Wasser. Doch es fliesst, es ist klar und frisch. Wir füllen unsere Reserven auf und sind bereit, für die nächsten Meilen.
Rund fünf sind es noch bis zum Highway 180. Wir legen etwas Tempo zu, denn wir träumen schon von einem eisgekühlten Getränk. Bei heissen 35 Grad freuen wir uns unglaublich auf etwas erfrischendes.
Es ist fast 15:30 Uhr, als wir am Highway stehen und per Anhalter versuchen nach Silver City zu kommen. Die ersten paar Autos fahren vorbei, doch nach knapp 10 Minuten hält ein freundliches mexikanisches Paar. Wir steigen ein und sind so froh, über die Mitfahrgelegenheit. Sie bieten uns sogar Wasser und Pizza an. Einmal mehr sind wir überwältigt von der Hilfsbereitschaft im ländlichen Amerika.
Um 16 Uhr treffen wir in Silver City ein und steuern direkt das Gelände der Water Works an. Da am Wochenende Trail Days sind, eine Veranstaltung für Wanderer, können wir dort kostenlos übernachten. Als wir das Gelände betreten, trauen wir unseren Augen nicht. Cuppa und Jedi sind da. Das sind zwei, die wir vom PCT kennen. Und auch Andrew aka Ranch ist da. Sooooo cool!!! Wir haben unsere Trail Family wieder.
Die Wiedersehensfreude ist riesig und ein Gemeinschafsfoto darf natürlich nicht fehlen. Ranch offeriert uns gleich ein kühles Bier und so stossen wir auf unsere abenteuerlichen Vorhaben an.
Am Abend gehen wir gemeinsam in die Innenstadt, wo wir in der Toads Brewery den Abend in Gesellschaft von CDT Hikern, ehemaligen CDTlern und den Organisatoren der Trail Days geniessen. Wir trinken lokales Bier, essen Tacos und quatschen übers Wandern. Es wird ein genialer feuchtfröhlicher Abend.
CDT TAG 9 – CDT Trail Days in Silver City
Wir sind nicht nur zum Feiern nach Silver City gekommen. Zwei wichtige Dinge stehen auf unserer Shopping Liste. Ein neuer Wasserfilter und zwei Powerbanks müssen wir dringend organisieren. Den Wasserfilter finden wir bei Hike and Bike im historischen Stadtzentrum von Silver City.
Auf dem Weg zurück zum Camp besuchen wir auch die Ausstellung der CDT Trail Days. Im Park haben Ausrüstungsanbieter ihre Stände aufgebaut und bieten ihre Produkte an und beraten die Hiker. Es ist viel los und das 10 Jährige Jubiläum der CDT Traildays scheint ein Erfolg zu sein.
Für die Powerbanks müssen wir in den Walmart, der sich jedoch über 4 km ausserhalb der Stadt befindet. Laufen dauert zu lange, so stellen wir uns an die Strasse und halten den Daumen raus.
Wahnsinn. Das erste Auto hält an. Es ist wieder ein Mexikaner, diesmal ein älterer Herr mit einem genauso alten, klapprigen Pickup. Wir quetschen uns neben ihn und haben spannende Gespräche. Die Fahrt dauert keine 10 Minuten und schon stehen wir vor dem Walmart Supercenter.
Wir haben Glück und es gibt genau noch zwei von den Powerbanks, die wir brauchen. Dann noch Lebensmittel für die nächste Etappe zusammen suchen und zurück nach Silver City. Wie schnell wir wohl diesmal eine Mitfahrgelegenheit kriegen? 10 Sekunden. Wahnsinn. So effizient würden wir weder mit Uber, dem Taxi oder dem Bus ans Ziel kommen.
Der nette, ältere Amerikaner bringt uns bis zum Pizza Hut. Von dort sind es nur 3 Minuten zu Fuss zum Water Works Camp. Plaudernd laufen wir auf dem Gehsteig als es plötzlich knallt. „Was war das?“ „Oh mein Gott. Ein Unfall!“ Direkt neben uns knallt ein dunkler Sportwagen in den Graben, der touchierte silberne Kleinwagen schlittert weiter und ist an der Seite total Schrott. Eine dichte Staubwolke wird uns entgegengeschleudert. Was sind wir froh, dass der Mustang im Graben hängengeblieben ist und nicht gegen uns geflogen ist. Uns steckt der Schreck im Nacken. Der Unfallverursacher stösst die Fahrertür auf und wirft erst Mal eine Bierdose in den Graben,
steigt dann mit seinem Hund aus, schwankt über die Strasse und verlässt den Unfallort. Da schon mehrere Personen zur Hilfe eilen, laufen wir weiter.
Zurück beim Camp verstauen wir unsere Einkäufe, laden alle unsere elektronischen Geräte und Reni geht noch in den Waschsalon. Auf dem Weg kommt sie nochmals an der Unfallstelle vorbei. Die Strasse ist durch vier Polizeifahrzeuge gesperrt und ein Abschleppwagen ist gerade den Sportwagen am bergen, der in den Graben geknallt ist.
Kurz nach 16 Uhr ist Reni zurück. Jetzt haben wir alles geschafft, was wir wollten. Zufrieden trinken wir eine Tasse Kaffee im Garten als wieder ein bekanntes Gesicht eintrifft. Es ist Sweetheart, ein Münchner, den wir ebenfalls vom PCT kennen.
Am Abend gönnen wir uns eine grosse Pizza und sitzen später mit anderen Hikern rund ums Feuer.
Die CDT Trail Days waren genial und vor allem der Austausch mit anderen Hikern war sehr bereichernd. Nun freuen wir uns aber auch wieder weiterzuwandern und den nächsten Abschnitt in Angriff zu nehmen.
Uff da waren ja nicht nur schöne Begebenheiten auf den letzten 6 Tagen. Ist ja traurig mit der Kuh… und zum Glück hat euch nichts beim Unfall getroffen. Ich wünsche euch viel Energie für die nächsten Etappen. Danke für eure schönen Berichte. liebe Grüsse aus Basel
Vielen Dank für die Wünsche. Ja, die das mit der Kuh war traurig. Danke fürs mitlesen und viele Grüsse com CDT