Continental Divide Trail Abschnitt 5 – Von Grants nach Cuba

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  • Beitrag zuletzt geändert am:25. Juni 2024
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Der fünfte Abschnitt des Continental Divide Trail führt von Grants nach Cuba in New Mexiko und ist 105 Meilen / 169 km lang. Marcels Fussgelenk hat sich soweit erholt, dass wir es wagen auf dem Continental Divide Trail weiterzuwandern. Fast drei Wochen mussten wir Pause machen und in Socorro und Grants in einem Motelzimmer verbringen. Doch die Zeit hat Marcels Fussgelenk nach der Verstauchung einfach benötigt, um wieder einsatzfähig zu werden. Ob es den grossen Belastungen und den täglichen Wandermeilen gewachsen ist, wird sich auf diesem Abschnitt zeigen.

Einfach wird es nicht werden, denn wir befinden uns immer noch in der trockenen Wüste von New Mexiko. Ein grosses Highlight des CDT, den Mount Taylor, werden wir in den ersten Tagen besteigen. Die Wasserversorgung entlang dieses Abschnittes des CDT ist schwierig. Teilweise müssen weite Distanzen zwischen den einzelnen Wasserquellen zurücklegen. Gerne würden wir die Tagesdistanzen etwas reduzieren, aber wegen der Wasserversorgung geht dies einfach nicht. Wir hoffen einfach, dass das Fussgelenk mitspielt und den Strapazen standhält.

CDT Tag 36 – Marcel kann wieder weiter wandern

Endlich! Wir sind bereit und wagen es zurück auf den Trail. Mit Marcel’s Fussgelenk geht es inzwischen recht gut. Die letzten beiden Tage sind die Spaziergänge zum Walmart jedenfalls gut und praktisch schmerzfrei gegangen. Das Laufen fühlt sich einfach noch steif an, aber sonst ist es prima.

Ob der Fuss jedoch die Belastung mit schwerem Rucksack aushält? Wir glauben, wir müssen es einfach probieren. Anders finden wir es kaum raus. Wir werden es auf jeden Fall langsam angehen und auch viele Pausen einlegen.

Überpünktlich holt uns der Rockin 66 Express Bus ab und fährt uns bis zum CDT Trail Head. So sparen wir uns über 7 Meilen Road Walk. Als wir am Gate stehen, wo es auf den CDT geht, fühlen wir uns eigenartig. Fast so, als ob es unser allererster Tag auf dem Trail wäre. Ist auch nicht weiter erstaunlich, denn wir waren nun länger im Motel, als wir auf dem CDT waren.

Doch wir sind überzeugt, wir sind schnell wieder im Flow. Die ersten Meilen geht es gleich mal aufwärts, doch wir merken die Anstrengung kaum. Denn wir sind überglücklich können wir wieder in der Natur sein. Auf die kommenden Abschnitte auf dem CDT freuen wir uns besonders, denn es wird nun von Tag zu Tag spannender auf dem Trail.

10 Meilen nehmen wir uns vor, denn dort soll es einen Wassertank haben. Wir wandern weder schnell noch langsam und kommen so gut voran. Die stündlichen Pausen tun gut und so können wir uns wieder an den Hiker-Alltag gewöhnen. Je höher wir kommen, desto frischer wird es. Das Wetter ist zum Glück ganz auf unserer Seite und wir geniessen herrlichen Sonnenschein.

Von der Mesa, so nennt man hier die Hochebenen, kommen wir in den Wald. Wir laufen an Föhren, Fichten und Birken vorbei bis wir schliesslich um 17 Uhr die Gooseberry Spring erreichen. Ein paar Meter weiter Richtung Mount Taylor finden wir ein ideales Plätzchen zum Campen.

Wir geniessen die wärmende Sonne, die uns ins Gesicht scheint, gehen anschliessend zur Quelle Wasser filtern, kochen uns eine Portion Reis und stellen anschliessend unser Zelt auf. Der Wind hat nachgelesen, sodass wir uns nochmals auf einen Stein setzen und die Stille auf uns wirken lassen. Es ist ein schöner Frühlingstag, der total friedlich zu Ende geht.

CDT Tag 37 – Besteigung des Mount Taylor auf  3446 Meter

Gut geschlafen wäre anders. Während sich Marcel die ganze Nacht hin und her gewälzt hat, träume ich verrückte Sachen. Zudem ist es im Schlafsack mal zu heiss, dann wieder zu kalt..Müssen wir uns echt wieder ans Schlafen im Zelt gewöhnen? Scheint ganz so. 

Als wir dann beide in tiefen Schlaf sinken, klingelt der Wecker. Es ist 5:30 Uhr und draussen ist es schon hell. Bis die Sonne kommt, dauert es jedoch noch länger. Denn rundherum sind Hügel. Wir schlürfen stumm unseren Kaffee und schieben einen Löffel Müesli nach dem andern in den Mund.

In dem Moment als wir unser Zelt verstaut und die Rucksäcke anziehen, läuft ein junger CDTler an uns vorbei. Wir sind nicht die Einzigen, die heute zum Mount Taylor aufsteigen. Die ersten paar hundert Meter laufen wir im Wald steil aufwärts und müssen den Weg suchen. Als wir dann eine grosse Wiese erreichen, treffen wir auf einen richtigen Trail. 

Langsam kommt die Sonne über den Hügel und scheint uns mit voller Kraft ins Gesicht. So schön! Wir bleiben kurz stehen, atmen tief ein und sind happy hier zu sein. Wir werfen auch einen Blick zurück und sind überwältigt von der Weitsicht. In der Ferne erkennen wir Grants, da wo wir die letzten beiden Wochen verbracht haben.

Der Aufstieg auf den Mount Taylor ist steil und anstrengend, doch wir geniessen herrliche Ausblicke und inzwischen sind vier andere Hiker in Sichtweite. Knapp 1.5 Stunden brauchen wir für den Aufstieg. Oben angekommen jubeln wir natürlich. Vor allem, weil Marcel’s Fussgelenk den Aufstieg so gut überstanden hat und weil wir den ersten richtigen Aufstieg nach der Zwangspause geschafft haben. Wir sind nämlich auf 11’301 Fuss / 3’445 m. Das ist ja gar nicht viel tiefer als das Klein Matterhorn im Wallis.

Nach einer ausgedehnten Pause steigen wir durch den Wald ab. Dort liegt noch sehr viel Schnee. Wir folgen den Spuren und sacken immer wieder ein. Der Schnee ist teils hart und manchmal superweich. Das eine Mal sinkt Marcel bis zur Hüfte ein. Ufff… zum Glück passiert nichts. Der Abstieg durch den Schnee ist anstrengend, doch relativ kurz. Bald erreichen wir die Schneegrenze und es erfolgt ein langer Road Walk auf Waldstrassen. 

Um das Fussgelenk etwas zu schonen, legen wir stündlich eine Pause ein. So kommen wir zwar weniger schnell vorwärts, doch Hauptsache wir können wieder auf dem CDT laufen. Wir nehmen uns einfach soviel Zeit, wie wir brauchen. Obwohl, ganz so einfach ist es dann auch nicht. Wasser ist auf diesem Abschnitt rar. Wir sind auf Wassertümpel und Kuhtränken angewiesen und finden auch welche. Nur die Distanzen zwischen den Wasserquellen sind teils etwas lang. Das bedeutet, viel Gewicht mitschleppen. 

Um 17 Uhr ist dann genug. Wir finden einen Schlafplatz unter Nadelbäumen. Während wir unsere Dehnungsübungen machen, sehen und riechen wir plötzlich Rauch. Ob wir bleiben oder doch noch ein Stück weiter sollen? Es gibt 300 Meter weiter einen anderen Schlafplatz in der Nähe einer Strasse. Da wären wie im Fall eines Waldbrandes wenigstens etwas weiter vom Wald entfernt. Wir entscheiden uns das kurze Stück weiterzulaufen. 

Als wir das Zelt aufgestellt haben, sieht der Himmel wieder normal aus. Der Rauch ist weg und auch der rauchige Geruch. Gut so. Nach dem Abendessen fallen wir müde auf die Isomatte und denken an nichts mehr. Augen zu und schlafen.  

CDT Tag 38 – Im Wald, Nähe Los Indios Spring

Wasser ist auf diesem Abschnitt ein Dauerthema. Es liegen teils bis zu 20 Meilen zwischen den Wasserquellen. Für das Frühstück haben wir noch genug Wasser und auch für die ersten paar Meilen reicht es aus. Als wir um 7 Uhr die Kuhtränke erreichen, sind all unsere Wasserflaschen leer. Unser Morgentask: Wasser filtern für die nächsten 18 Meilen / 29 km. Wir trinken pro 5 Meilen / 8 km jeweils je einen Liter Wasser. Das heisst wir brauchen total 7 Liter.

Wir füllen unseren Beutel und entdecken Tierchen, die im Wasser schweben. Zum Glück haben wir einen Filter, sodass all die Partikel und was auch immer im Wasser schwebt, rausgefiltert wird.

Eine ganze Stunde brauchen wir, bis all unsere Flaschen gefüllt sind. Leider verlieren wir so eine wertvolle kühle Morgenstunde zum Wandern, doch es geht nicht schneller. Und ohne Wasser können wir nicht weiter. Einmal mehr lernen wir, wie wertvoll und luxuriös fliessendes Trinkwasser ist. Kurz nach 8 Uhr können wir endlich weiter. Vollbepackt machen wir uns auf den Weg.

18 Meilen Roadwalk liegen vor uns. Kein Highlight und vor allem keins für Marcels Fussgelenk. Durch den harten Untergrund gibt es Schläge, das tut den Gelenken nicht so gut. Doch es bleibt uns nichts anderes übrig. So trotten wir auf der Kiesstrasse eine Meile nach der andern. Immerhin geht es mehrheitlich flach weiter, doch landschaftlich ist es eher eintönig. Die vielen bunten Wildblumen sind eine sehr willkommene Abwechslung auf dieser Strecke.

Die Sonne brennt unbarmherzig runter, sodass wir immer wieder kurze Pausen unter schattenspendenden Bäumen einlegen. Unsere Langarm-Shirts sind schweissgetränkt, sodass wir während den Pausen jeweils aufs trockene T-Shirt wechseln. Obwohl es an der Sonne heiss ist, frieren wir im Schatten. Der Wind ist kühl.

Es ist bereits 17 Uhr als wir den Abzweiger zur Wasserquelle erreichen. Der Abstecher zum Wasser ist jedoch weit und es geht in eine Schlucht hinunter. Mindestens eine Stunde müssen wie rechnen, um Wasser zu holen und zu filtern. Wir überlegen, ob wir es mit den knapp 2 Liter Wasser bis zur nächsten Kuhtränke schaffen.

Wenn wir auf ein warmes Abendessen, unser Müsli und den Kaffee verzichten, müsste es reichen. Ok, wir laufen weiter.

Ein letzter kurzer Aufstieg raubt Marcel die letzte Energie. Er ist von den starken Ibuprofen extrem schlapp und energielos. Zum Glück finden wir gleich einen guten Platz unter einem grossen Nadelbaum. Wir diskutieren nochmals übers Wasser und ärgern uns, dass Reni vorhin nicht zur Quelle gelaufen ist. Denn wenn wir abends noch trinken, bleiben uns für die 10 Meilen am nächsten Tag nur noch je 1/2 Liter. Das ist Zuwenig. Viel zu wenig.

Wie dumm. Wasser sparen beim Wandern geht gar nicht. Das ist absolut unvernünftig. Reni packt zwei leere Flaschen, unseren 2 Liter Wasserbeutel zusammen mit dem Filter in eine Tasche und geht zurück. Das dauert nun eine Weile, denn bis zur Quelle ist es ein 30-minütiger Fussmarsch und das Filtern dauert für 5 Liter mindestens eine halbe Stunde.

Der Abstieg zur Quelle ist jedoch superschön. Das Abendlicht beleuchtet die Felswände und so macht Wasser holen richtig Spass. 1.5 Stunden später ist Reni dann zurück beim Zelt, wo Marcel mit den Nebenwirkungen der Medikamente zu kämpfen hat. Ihm ist schlecht, er hat keinen Appetit und es fühlt sich so an, als ob er erhöhte Temperatur hat. Es gibt nur etwas, dass er gerne hätte. Eine eiskalte Cola. Doch woher sollen wir bloss eine Cola herzaubern? Die muss leider noch ein paar Tage warten. Eine heisse Noodle Soup ist dann die Rettung.

Schlaf trägt hoffentlich zur Besserung bei, sodass wir morgen wenigstens zum nächsten Wasser kommen.

CDT Tag 39 – Auf Kuhweide bei San Luis Mesa

Ans Schlafen im Zelt müssen wir uns definitiv wieder gewöhnen. Noch wachen wir mehrmals auf, drehen uns ständig hin und her. Erholsam ist der Schlaf noch nicht wirklich. Aber das kommt bestimmt bald wieder.

Marcel geht es nicht wirklich besser. Noch immer mag er nicht ans Essen denken, geschweige denn die nötigen Kalorien aufzunehmen. Auch trinken fällt ihm schwer. Jeder Schritt ist eine Qual, denn seine Energie ist weg. Als ob jemand den Stecker gezogen hat. Was ist das bloss?

Wir laufen trotzdem weiter, denn wir sind mitten auf einer Mesa, weit weg von der Zivilisation. Die ersten Meilen laufen wir noch im Wald und dann führt der Trail als schmaler Pfad auf der Hochebene bis zur Abbruchkante. Die Bäume werden kleiner und weniger und so schwindet auch der Schatten.

Marcels Energie ist leider noch nicht zurück und das Wandern ist für ihn anstrengend. Obwohl er durch die Bewegung und das Schwitzen viel Kalorien verbraucht, hat er absolut keinen Appetit. Auch das Trinken fällt ihm schwer. Sind das die Nebenwirkungen der starken Ibuprofen, die er wegen der Entzündung im Fussgelenk verschrieben bekommen hat? Vermutlich, doch was es wirklich ist, wissen wir nicht.

Inzwischen haben wir unsere Planung angepasst und die Tagesmeilen auf maximal 15 reduziert. So können wir genug Pausen einlegen. Einfach soweit laufen, wie für den Körper gut ist, können wir leider nicht. Denn auf diesem Abschnitt ist Wasser ein echtes Problem. Und ohne Wasser geht einfach nicht.

Um die Mittagszeit erreichen wir einen Aussichtspunkt, wo wir in die Weite sehen. Zeit für eine Pause, bevor es hinunter in die Ebene geht.

Und wir haben noch etwas wichtiges zu erledigen. Ein Hotel reservieren für unseren nächsten Zero Day. Seit Tagen haben wir wieder einmal Telefonempfang. Der Anruf ist erfolgreich und das Zimmer bestätigt. Was für ein Glück. So können wir nach einer Woche wandern endlich wieder einmal duschen.

Schritt für Schritt vernichten wie nun Höhe und steigen immer tiefer ab. Mit jedem Meter wird es wärmer und wir sind froh, dass der Himmel bedeckt ist. Der sandig-kiesige Untergrund ist rutschig und wir müssen höllisch aufpassen. Vor allem weil die Aussicht in die Ebene so faszinierend ist. Deshalb lieber öfters stehen bleiben, schauen und dann weiterlaufen.

Fast 600 Höhenmeter haben wir in kurzer Zeit vernichtet. Wir schauen nochmals hoch und steuern als nächstes das Ojo Frio, eine Wasserquelle, an. Die Kuhtränke mit Zisterne befindet sich rund 300 Meter weg vom Trail. Doch bevor wir Wasser fassen und filtern gehen, legen wir zuerst eine ausgedehnte Mittagspause ein. Wir kochen uns eine Noodle Soup und Marcel hat endlich richtig Lust zu essen. Mit den soften Tacos mit Thon kann er im Moment nichts anfangen. Allein schon beim Gedanken daran, vergeht im der Appetit. Na dann, Noodle Soup. Passt für uns beide.

Während Marcel sich ausruht und versucht Energie zurückzugewinnen, ist Renis Task Wasser filtern. Die Kuhtränke ist gefüllt bis oben mit halbgrünem Wasser und schwimmenden Algeninseln. Würde gehen, doch das Wasser in der Zisterne sieht klarer aus. An das Wasser ranzukommen, ist jedoch nicht ganz einfach. Hinknien, Arm lang ausstrecken, Wasserbeutel durchs Wasser ziehen und rausziehen. Dann noch den Filter anschrauben und los geht’s. Wir brauchen 7 Liter und das dauert ganz schön. Denn pro Liter dauert das Filtern mindestens 5 Minuten. Rund 45 Minuten später ist das Werk vollbracht. So realisieren wir einmal mehr wie wertvoll Trinkwasser ist. Bei jedem Schluck sind wir dankbar.

Vollbepackt nehmen wir die nächsten Meilen in Angriff. Weitere zwei Stunden laufen und dort sollte es eine Campmöglichkeit geben. So ist es auch, doch der Platz ist bereits besetzt. Auf dem grossen, sandigen Feld gegenüber finden wir dann einen geeigneten Platz für unser Zelt. Wir verkriechen uns hinter einen Busch, der uns etwas Windschutz bietet. Und den brauchen wir dringend. Es bläst uns nämlich ganz schön um die Ohren. Kaum haben wir das Zelt aufgebaut, braut sich im Himmel etwas zusammen. Zuerst sieht es aus, als ob dunkle Wolken Regen bringen. Dann sagt Marcel plötzlich: „Schau mal, da hinten ist es ganz weiss.“ Hä? Komisch. Und dann ein krass heftiger Windstoss und wir werden eingesandet. Die Welt um uns herum ist plötzlich gelblich und wir sehen keine 20 Meter weit. Mit jeder Windböe kriegen wir eine Portion Sand ins Zelt geblasen und all unsere Sachen sind mit einer feinen Sandschicht überzogen. Wir schauen uns an und schütteln den Kopf. „Wir sind mitten in einen Sandsturm geraten. Der CDT bietet jeden Tag was Neues.“ Wir liegen im Zelt, schauen gebannt auf das flatternde Zelt und fragen uns, wie viele der kräftigen Böen unser Zelt wohl aushält. Der Wind reisst die Zeltwände hin und her, doch alles ist gut. Rund drei Stunden dauert der heftige Sturm an und dann ist es plötzlich ruhig. Als ob jemand den Stecker gezogen hat. Auf einen Schlag ist es einfach windstill. Wie kann das sein?

Na, wir sind jedenfalls froh, ist es vorbei und wir schlafen erleichtert ein.

CDT Tag 40 – Hinter dem Baum, Cuba Ranch

Ist es wirklich windstill? Fühlt sich eigenartig und gleichzeitig grossartig an. Denn mitten in der Nacht haben sich die Windböen nochmals von der ganz nervigen Seite gezeigt.

Als uns der Wecker um 5 Uhr aus dem Schlaf reisst, bleiben wir zuerst mal noch 5 Minuten liegen. Wir hören bereits die ersten Vögel zwitschern und das motiviert uns aufzustehen. Unser Zeltboden ist vom gestrigen Sandsturm total sandig, ebenso unsere Isomatten, die Schlafsäcke und unsere Packbeutel. Also eigentlich ist alles sandig, was wir anfassen. Wir schütteln alles so gut wir möglich aus und packen zusammen.

Wir haben ein grosses Ziel vor Augen. Das Camp Oasis. 12 Meilen müssen wir noch wandern bis wir Trail Magic vom Feinsten geniessen dürfen. Doch bevor wir unsere Bäuche vollschlagen können, müssen wir noch etwas leisten. Auf dem Trail geht es ständig auf- und abwärts, doch wir merken die Anstrengung kaum. Die gigantische Landschaft lässt uns staunen und wir nehmen alle paar Minuten unsere Kamera hervor. Die spektakuläre Kulisse müssen wir einfach auf Fotos und Videos festhalten. Krass ist, nach jeder Kurve ist es noch schöner, noch farbiger, noch fotogener.

Immer wieder überholen uns andere Hiker, doch keiner bleibt stehen oder hält den Moment auf einem Foto fest. Wir hören ab uns zu ein „oh, that’s amazing“. Mehr nicht und dann wird weitergelaufen. Kein Wunder sind wir langsamer als alle andern.

Die 12 Meilen sind mitunter die Schönsten, die wir bis jetzt auf dem CDT gewandert sind. Um 13:30 Uhr sind wir dann da. Im Camp Oasis. Wir trauen unseren Augen kaum.

Freiwillige haben ein riesiges Zelt aufgebaut mit Tischen und Stühlen. Es gibt Platz für mindestens 16 Wanderer und wir werden begrüsst mit dem Satz: „In der blauen Box gibt es kalte Getränke. Bedient euch.“ Und dann: „Hier ist das Menü. Was möchtet ihr gerne essen?“

Oh wow, wir sind überwältigt. Als erstes schlürfen wir eine eiskalte Cola. Wir sind im siebten Himmel. Und so geht endlich Marcels Traum in Erfüllung. Er träumt seit Tagen von einer eiskalten Cola. Dann bestellen wir Fettuccine mit Shrimps und Calamares. Keine 10 Minuten später schaufeln wir Gabel für Gabel in unsere Münder. Es schmeckt so lecker. Allein fürs Camp Oasis hat sich der CDT bis jetzt gelohnt.

Zusammen mit 14 anderen CDTlern sitzen wir am Tisch und tauschen uns aus. Wir sind mit Abstand die Ältesten und könnten von allen andern die Eltern sein. Doch das Alter spielt auf dem Trail absolut keine Rolle. Wir sind einfach Hiker und laufen den CDT.

Nach etlichen Cookies, Pommes Chips und anderen Leckereien reissen wir uns los. Schliesslich wollen wir noch ein paar Meilen weiter. Kaum sind wir vom Camp Oasis weg, sind wir zurück in der faszinierenden Landschaft mit Tafelbergen und Sandsteinformationen. Wir geniessen jede Sekunde bis wir um 17 Uhr unser Camp erreichen. Der Wind hat wieder massiv zugenommen, sodass wir einen windgeschützten Platz brauchen. Hinter einem niedrigen Baum finden wir einen geeigneten Platz. Wir müssen ihn einfach noch etwas ebnen, doch mit dem sandigen Untergrund ist das kein Problem.

Eine Noodle Soup zum Abendessen, ein paar M&Ms zum Dessert und schon ist ein weiterer Tag auf dem CDT vorbei.

Wir liegen im Zelt und hängen unseren Gedanken nach. Ab und zu flattern unsere Zeltwände noch von den starken Windböen, doch wie die letzten Tage lässt der Wind um 20 Uhr nach. Und dann ist es plötzlich mucksmäuschenstill. Marcels Atem verlangsamt sich. Er schläft. Ich bin noch beschäftigt mit Polarsteps schreiben. Als ich fertig bin und das Telefon ausschalte, bin ich irritiert, das es noch immer so hell ist. Ah, es ist der Mond der fast voll ist.

CDT Tag 41 – Zwischen Bäumen auf der Mesa Portales, 10 Meilen vor Cuba

Langsam gewöhnen wir uns ans Schlafen im Zelt. Entspannt wachen wir auf und geniessen die morgendliche Ruhe. Es ist 6 Uhr, doch bevor wir zurück auf den Trail gehen, lassen wir die Stimmung auf uns wirken. Die Sonne versteckt sich noch hinter den Bergen, doch wir sehen genau, wo sie bald aufgehen wird. Diese Minuten sind für uns die schönsten des Tages.

Der CDT ist auch heute wieder gewaltig. Skurrile Felsformationen, Tafelberge und dazwischen weite Ebenen. Wir können uns an dieser Landschaft kaum sattsehen. Wer denkt, den ganzen Tag wandern ist langweilig, täuscht sich. Nicht nur das Terrain auf dem Trail ändert ständig, sondern auch die Pflanzen. Vor allem die blühende Kakteen mit knallroten Blumen stechen uns schon von weitem ins Auge.

Nach unserer zweiten Pause bewundern wir die Felsformationen, die uns an die Bungle Bungles in Australien erinnern. Es laufen ein paar der CDT Hiker an uns vorbei, die wir gestern am Camp Oasis getroffen haben. Bis zur Mittagspause überholen uns mindestens acht andere Wanderer. Ja, wir sind in einer Bubble. So nennt man das, wenn ganz viele Hiker auf einen Haufen zusammen treffen.

Als wir nach 12 Meilen bei der Jones Canyon Spring ankommen, liegen acht CDTler im Schatten, filtern Wasser, essen ihre Mittagssnacks und diskutieren. Wir sind die Oldies in der Gruppe.

Da wir absolut keine Lust auf die soften Tacos mit Thon haben, kochen wir uns eine Portion Reis. Und wenn die Pfanne und der Kocher bereit steht, gibt es für Reni sogar noch einen Instant Kaffee. Was für ein Luxus.

Wir dehnen die Pause bis 15:30 Uhr aus, da wir nur noch rund 4 Meilen laufen wollen. Von der Quelle führt der Trail durch eine Ebene und wir steuern die Mesa Portales an. Von weitem sehen wir sie schon, die steilabfallende Wand. Ein steiler Aufstieg steht uns noch bevor. Über grosse Steine und schmale Pfade klettern wir hoch. Immer weiter. Unser Puls geht hoch, Schweissperlen kullern uns den Rücken hinab und unser Blick richtet sich abwechslungsweise vom Boden in die Weite. Gewaltig, die Aussicht. Und noch gewaltiger, wie schnell wir an Höhe gewinnen. Eine halbe Stunde später sind wir bereits oben.

Nur gerade fünf Minuten später finden wir zwischen Bäumen einen windgeschützten Platz zum Zelten. Zufrieden mit dem Tag setzen wir uns anschliessend an die Abbruchkante, die nur wenige Meter von unserem Zelt ist. Überglücklich schauen wir in die Ferne und freuen uns riesig auf unseren Zero Day in Cuba. Noch einmal schlafen und 11 Meilen laufen, dann sind wir da. Yipieeee!!!

CDT Tag 42 und 43 – Zero Day in Cuba

Wenn ein Zero Day bevorsteht, haben wir beim Aufwachen bereits einen Riesen-Smile auf dem Gesicht. Die Vorfreude auf eine heisse Dusche ist grösser, als die Lust auf den Morgenkaffee. Und das heisst was.

11 Meilen bis Cuba, das schaffen wir sicher bis mittags. Der Trail verläuft ganz nah an der Abbruchkante auf der Mesa. Immer wieder haben wir Aussicht auf die imposante Felswand und auf riesige Sandsteinbrocken, die in die Fläche runtergerutscht sind. Die Sonne beleuchtet die gelb-orangfarbene Wand. So schön.

Nach der zweiten kleinen Pause heisst es in die Ebene absteigen. Wir vernichten relativ schnell Höhe und merken, wie es wärmer wird. Wir sind erstaunt, dass wir so schnell vorankommen. Um 9 Uhr stehen wir bereits am Highway 126. Marcels Fuss hat heute morgen bei den ersten Schritten nämlich so weh getan, dass er das Gelenk eingebunden und sogar eine Schmerztablette geschluckt hat.

Ob das die innere Motivation war, weil ein Zero Day bevorsteht? Die Aussicht auf eine eiskalte Cola, einen Burger oder sonstige Leckereien?

Für den Road Walk ist die Motivation allerdings nicht allzu gross. Per Anhalter fahren, wäre eine Möglichkeit. Doch leider gibt es entlang der Strasse keine gescheiten Möglichkeiten anzuhalten. Zudem ist Tempo 55 Meilen / 88 km. So laufen wir halt die 4 Meilen bis Cuba und sind froh, dass wir um 11 Uhr das Cuban Café erreichen. Die Walks entlang vielbefahrener Highways sind gefährlich und irgendwie einfach blöd. Doch es gibt manchmal einfach keine andere Möglichkeit.

Im Cuban Café bestellen wir uns ein üppiges, kalorienreiches Frühstück. Das hat sich vor allem Marcel verdient. Er hat seit Grants über 100 Meilen geschafft und das mit seinem angeschlagenen Fussgelenk.

Mit vollen Bäuchen laufen wir der Hauptstrasse entlang und holen auf der Post unsere neuen Schuhe ab. Etwas weiter ist das Del Prado Hotel, wo wir für zwei Nächte ein Zimmer gebucht haben. Cuba ist kein erwähnenswerter Ort. Es ist ein klassischer Durchgangsort ohne Charme. Der Highway führt mitten durch Cuba und entlang der Hauptstrasse gibt ein paar Einkaufsläden, u.a. einen Dollar General, einen Family Dollar, ein Supermarkt mit Frischsachen, einen Liquor Store, einen McDonalds, Tankstellen, ein paar Take-Aways und Mexikanische Restaurants.

Doch für uns Wanderer ist Cuba genau das, was wir brauchen. Am Wichtigsten ist uns ein sauberes Zimmer mit einem bequemen Bett und einer Dusche. Nach einer Woche wandern, haben wir eine Dusche echt nötig. Unsere stinkenden Socken und Kleider kriegen auch gleich eine Wäsche. Im Hotel steht eine Waschmaschine und ein Trockner kostenlos zur Verfügung.

Die Zeit vergeht wie immer viel zu schnell, denn wir haben einiges zu erledigen. Einkaufen für den nächsten Abschnitt, diverse Telefonate, Fotos und Filme runterladen, unser Zelt flicken, essen, trinken und einfach nur relaxen. Ah, und wir lernen Red Panda näher kennen. Ein CDTler aus den USA. Wir haben gute Gespräche und geniessen den Austausch. Wir haben uns beim Camp Oasis und bei einer Wasserquelle das letzte Mal gesehen.

Dieser Beitrag hat 8 Kommentare

  1. Helen und Christoph

    Hallo ihr zwei

    Was ihr alles durchmacht. Bewunderung!
    Wir denken sooo oft an euch und fragen uns jeweils, wie es euch auf den Streckenabschnitten geht.
    Auch wenn wir faule Schreiberlinge sind…🙈.

    Macheds guet und gute Besserung mit dem Fussgelenk!

    Bis bald mal ausführlicher.

    Glg helen und Christoph

    1. Reni

      Vielen lieben Dank euch beiden. Das freut uns riesig, dass ihr unsere verrückte Reise mitverfolgt.
      Danke auch für die Genesungswünsche. Das hilft bestimmt.
      Bis bald, Reni und Marcel

  2. Monika Teusch

    Ich freue mic immer über eure Berichte, sie lassen einen mitfiebern. Für Marcel alles Gute für das Gelenk, dass es bis zum Ende durchhält und für euch Beide eine unvergessene Wanderung. Ich kann das gut nachvollziehen, würde eine solche Wanderung auch gern machen, aber dafür bin ich doch zu alt. Schon in Grönland im letzten Jahr war ich mit 72 die Trail Oma. Jetzt begnüge ich mich mit der Via Alpina in der Schweiz und mit Norwegen im nächsten Monat.
    Alles Gute und vor allem viel Gesundheit. Solche Erlebnisse bleiben für immer.

    1. Reni

      Liebe Monika
      Vielen Dank für deine Genesungswünsche.
      Oh wow, die Via Alpina ist aber auch nicht ohne. Wünschen dir happy trails und schon jetzt eine gute Reise in Norwegen. Ein Land, das auch auf unserer Wunschliste steht.
      Das finden wir auch, dass solche Erlebnisse für immer bleiben.
      Liebe Grüsse, Reni

  3. Violanda

    Liebe Reni und Marcel
    Bin froh für euch, dass ihr auf dem Trail retour seid. Auch mein Bruder fragte mehrmals, wie es euch wohl geht. Er übersetzt seiner Freundin jeweils euren Bericht. Er ist auch ein begeisterter Wanderer, aber nicht mehr solange unterwegs.
    Die Bilder sind einfach überwältigend!!!! Ja am Morgen sonnenaufgang bei einer solchen Kulisse und das gefühl die Welt gehört Einem alleine, ist unbeschreiblich. Beim letzten bild dachte ich erst, sind das etwa Pilze, nrin smile eure Socken
    Hoffentlich erholt sich das fussgelenk immer mehr und Marcel kann wieder unbeschwerter laufen. Cross fingers
    Freue mich auf nächsten Bericht
    Lieber Gruss Violanda

    1. Reni

      Liebe Violanda
      Vielen lieben Dank für deine Wünsche.
      Freut uns auch sehr zu hören, dass dein Bruder und seine Freundin ebenfalls mitfiebern.
      Die Kulisse ist schon etwas, das uns immer wieder aufs Neue beeindruckt. Vorallem bei Sonnenaufgang und Sonnenuntergang. Die Farben sind so gewaltig und manchmal so richtig kitschig.
      Danke fürs virtuelle mitreisen und deine Nachricht hier auf dem Blog.
      Liebe Grüsse,
      Reni und Marcel

  4. Elsbeth

    Scho spannend was ihr alles chönd gse und erläbe. Die Landschaft isch wunderschön und ihr mached das guet, das ihr eu Zyt nämed und die tolli Natur gnüssed. Do sind ihr jo rächt verwöhnt worde mit dem feine Mittagässe und s gwünschti Cola.
    Guet chönd ihr immer mol wieder äs weichs Bett und e warmi Duschi gnüsse. So en freie Tag tuet sicher au eune Chnöche guet.
    Isch wieder en tolle Bricht mit so vielne schöne Föteli. Danke für Zyt wo ihr eu nämed, das mir au törfed teilnäh a euem Abentür.
    Liebi Grüess und machets guet.

    1. Reni

      Herzliche Dank für dini Nochricht. Und wie mir verwöhnt worde sind. Mir sind jedesmol überwältigt über die Herzlichkeit vo de Amerikaner. So schöni Erinnerige, wo mir dörfed mitneh. Au d’Natur überrascht üs jede Tag ufs Neui. Ganz liebi Grüess zrugg.

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