PCT Tag 32 – Von Meile 458.5 bis Meile 481.2 nach der Green Valley Fire Station
Es ist noch dunkel als der Wecker losgeht. Leise stehen wir auf, brühen uns Kaffee auf und geniessen die morgendliche Stille.
Der Tag erwacht langsam, als wir die ersten Schritte auf dem Trail wandern. Wir lieben die ersten Stunden am Morgen, denn dann sind wir noch voller Energie, das laufen fällt uns leicht und wir kommen gut voran.
Landschaftlich ist das Green Valley schön und es wird seinem Namen gerecht. Alles ist grün. So wandern wir stundenlang über die grün bewachsenen Berge und durch Täler.
Heute müssen wir regelmässige Pausen im Schatten einlegen, denn es ist recht heiss. Gegen 16 Uhr erreichen wir die Green Valley Fire Station, wo wir unsere Wasserreserven auffüllen können. Und beim Picknickplatz nebenan gibt es sogar Trail Magic. Wir findem eine Kühlbox mit eisgekühlten Getränken und Schokolade für Hiker. Ein Trail Angel hat diese Überraschung für PCT Hiker hingestellt. Wir sind einmal mehr so überwältigt und finden kaum Worte für die Güte der Menschen hier.
Nach der willkommenen Erfrischung nehmen wir uns noch den letzten Aufstieg für diesen Tag vor. Zwei Meilen geht es recht steil aufwärts. Wir begegnen einer kleinen Schlange, die den Trail überquert und wir sehen sogar eine Klapperschlange. Sie versteckt sich im Gebüsch und rasselt wie wild.
Nach diesen Erlebnissen ist es Zeit uns einen Schlafplatz zu suchen, was sich schwierig herausstellt. Schliesslich werden wir vor einer Schranke gleich neben einer wenig befahrenen Schotterstrasse fündig. Der Platz ist zwar nicht schön, aber zweckmässig.
PCT Tag 33 – Von Meile 481.2 bis Meile 504.2 beim Bear Campground
Um viertel nach sechs sind wir bereits wieder unterwegs. Erst die Bergspitzen werden von der Sonne beleuchtet, doch bald schon treffen auch uns die ersten Sonnenstrahlen.
Zuerst geht es heute von unserem Camp runter in ein Tal. Durch das Tal führt auch eine Teerstrasse. Beim überqueren dieser Strasse treffen wir auf Trail Magic. Eine Box mit Wasser und Süssigkeiten wartet auf PCT Hiker. Nach dieser Überraschung mitten im Nirgendwo nehmen wir den ersten happigen Aufstieg in Angriff.
Wasser ist auf dem aktuellen Abschnitt des PCT Mangelware und so sind wir über jede Wasserquelle dankbar. Mal ist es ein Wasser Cache, mal eine Quelle und auch aus Zisternen mit gesammeltem Regenwasser füllen wir heute unsere Wasserreserven wieder auf.
Leider wandern wir schon bald wieder durch abgebrannte Gebiete. Die Landschaft ist extrem karg und es gibt nur ein paar kleine Büsche, die wieder wachsen. Krass ist auch zu sehen, wie rasch nach einem Feuer die Erosion einsetzt. Regnet es, wird die Erde weggespühlt und somit geht auch die Grundlage für ein Nachwachsen der Büsche und Bäume verloren.
Es gibt aber auch immer wieder Abschnitte, die vom Feuer verschont geblieben sind und da blühen im Momemt ganz viele verschiedene Wildblumen.
Einen grossen Teil des Nachmittags wandern wir entlang einer Bergflanke durch den Wald. Abgebrannte und noch intakte Abschnitte wechseln sich ab. Bei einer weiteren Wasserzisterne treffen wir einen kleinen Dornenteufel an, der sich von uns gerne fotografieren lässt.
Auch die 500 Meilen Marke knacken wir heute Nachmittag. Wir sind jetzt seit einem Monat auf dem PCT unterwegs. Wenn wir in diesem Tempo weiterwandern können, sollten die sechs Monate für die gesamten 2650 Meilen reichen.
Beim Bear Camp finden wir einen etwas windgeschützen Schlafplatz. Leider hat wieder ein kühler Wind eingesetzt und mit gemütlich draussen Abendessen wird nichts.
Unsere Füsse sind vom Wandern durch die abgebrannten Wälder komplett verklebt mit Schmutz und Asche. Fusspflege und eine Massage gehören ebenfalls zu unserem täglichen Ritual.
PCT Tag 34 – Von Meile 504.2 bis Meile 527.9 beim Los Angeles Äqadukt
Wir nähern uns immer mehr der Wüste, wo es extre heiss und trocken sein kann. Wir merken allerdings noch gar nichts davon, denn der Morgen ist wieder sehr kalt. Das erste Stück wandern wir mit den Händen in den Hosentaschen, weil unsere Finger vom Zelt abbauen und Wasser aus der Zisterne filtern komplett taub sind.
Leider bringt auch der Sonnenaufgang nur eine ganz kurze Linderung. Denn kaum erreichen uns die ersten wärmenden Sonnenstrahlen, verschwindet die Sonne wieder in dichtem Nebel.
Der Nebel begleitet uns eine ganze Weile und wir müssen uns gedulden bis sich die wärmende Sonne wieder blicken lässt. Dafür kommen wir gut voran, denn es gibt nur mässige Anstiege und mehrheitlich geht es runter. Um halb elf haben wir schon 10 Meilen zurückgelegt und wir kommen immer näher an die Mojave Wüste.
Gegen Mittag erreichen wir Hikertown. Das ist ein beliebter Stopp bei den PCT Hikern. Natürlich machen auch wir Halt. Hikertown ist eine Ansammlung von auf Western getrimmte Hütten, welche als einfache Unterkuft für Hiker dienen. Es gibt auch Toiletten, eine Dusche und einen Rastplatz für Hiker.
Wir geniessen unser Mittagessen im Windschatten einer Hütte und füllen unsere Wasserreserven auf. Dann wandern wir weiter.
Was jetzt kommt ist ein sehr langweiliger Abschnitt. Zuerst folgen wir etwa eine Meile einem offenen Wasserkanal. Dann zweigen wir ab und folgen über drei Meilen einem uralten Äquadukt aus zusammengenieteten Stahlplatten. Wir folgen dieser Pipeline nicht nur, sondern gehen darauf. Zuletzt biegen wir wieder ab und folgen einem im Boden zugemauerten Aquedukt.
Nach weiteren fünf Meilen wird es Zeit einen Schlafplatz zu suchen. Das ist hier aber vor allem wegen dem starken Wind nicht gerade einfach. Wir entscheiden uns gleich auf dem Äquadukt hinter einer Betonmauer zu campen. So sind wir windgeschützt und werden wieder einmal Cowboy campen.
PCT Tag 35 – Von Meile 527.9 bis Meile 549.7 im Wald vor Tehachapi
Die Entscheidung hinter der Mauer zu Cowboy campen, hat sich ausbezahlt. Wir sind so nämlich super vor den starken Windböen geschützt. Und vor dem Einschlafen Sterne und Satelliten schauen, ist immer wieder genial. Nur zwei Autos und ein paar Nachtwanderer sind an uns vorbei.
Ausgeschlafen und mit neuer Energie marschieren wir um 6:20 Uhr los. Die ersten Meilen laufen wir dem einbetonierten Äquadukt entlang, was eher langweilig ist. Ein Highlight sind aber die Felder voller Joshua Trees.
Dann führt der PCT mitten durch die Windfarm der Mojave Wüste. Es fühlt sich komisch an, zwischen den riesigen Windrädern durchzuwandern. Strategisch ist die Mojave Wüste der perfekte Ort um Windenergie zu gewinnen. Es bläst nämlich unglaublich fest. Stundenlang wandern wir durch die Windfarm und es ist ein rechter Kampf. Der Wind bläst uns mit voller Wucht entgegen, sodass wir kaum vorwärts kommen.
Als wir schliesslich die Windräder hinter uns lassen, erfolgt ein steiler Aufstieg. Die Landschaft vetändert sich wieder und an jedem Hang entdecken wir Wildblumen. Auch die Aussicht lässt uns staunen. Marcel entdeckt sogar zwei Jorned Lizards, die sich für ihn in Pose setzen. Tierische Begegnungen machen wir auch wieder mit einer Schlange. Wir erschrecken genauso, wie sie. Und schwups verschwindet sie im Gebüsch.
Wasser ist, wie jeden Tag beim Wandern, ein grosses Thema. Zweimal gibt es heute die Möglichkeit an einem Water Cache aufzufüllen. Zum Glück, sonst müssten wir unglaublich viel zusätzliches Gewicht mitschleppen. Für uns sind diese Wasser Caches richtige kleine Oasen.
Der Wind ist unser ständiger Begleiter und fordert uns ganz schön. Zum Glück finden wir einen relativ geschützten Platz zwischen den Bäumen zum Zelten und hoffen, dass sich die Regenwolken wieder verziehen.
So geht ein weiterer abwechslungsreicher Tag auf dem PCT zu Ende. Was der morgige wohl bringen mag?
PCT Tag 36 – Von Meile 549.7 bis Meile 558.5 bei Tehachapi
Was für eine Nacht!!! Wir wussten ja von der Wettervorhersage, dass schlechtes Wetter im Anzug ist. Dass es aber so heftig wird, haben wir nicht erwartet.
Bereits gestern Abend waren uns graue Wolken auf den Fersen. Wir hatten den ganzen Tag starken Wind und haben uns darum einen windgeschützten Platz zwischen den Bäumen gesucht. Dann wurde es trotz Abendsonne rasch kühl und wir haben uns im Zelt verkrochen.
In der Nacht hat dann leichter Regen eingesezt. Zumindest haben wir das zu Beginn gedacht. Irgendwie hat sich der Regen aber so soft angehört an unserem Zelt. Wir sind dann doch einheschlafen und haben uns nichts weiter gedacht.
In der Nacht sind wir dann erwacht und da wussten wir sofort, dass es nicht regnet sondern schneit. Denn unser Zelt wurde von der Schneelast immer mehr eingedrückt. Das erschreckende waren aber die orkanartigen Windböen, die über unser Zelt hinwegfegten.
Immer wieder wurde unser Zelt komplett durchschüttelt und hat geflattert wie wild. Schlafen wurde schwieriger. Das nächste erwachen war dann sehr unsanft. Das Zelt ist zusammen geklappt, hat uns komplett zugedeckt und hat im Wind geflattert wie wild.
Rasch habe ich mich angezogen und bin raus in den Sturm. Die beiden Heringe der Abspannleinen der Zeltstangen sind vom Wind ausgerissen worden. Unter einer dicken Schneeschicht habe ich die Heringe wieder gesetzt und mit Steinen zusätzlich fixiert.
Leider wurden die Windböen immer heftiger und beim nächsten Erwachen hat uns das Zelt wieder zugedeckt. Nochmals raus. Dieses Mal sind auch die Heringe an den Ecken ausgerissen. Der Wind ist einfach zu stark und der sandige Boden gibt zu wenig Halt.
Im tobenden Schneesturm versuche ich die wieder gesetzten Heringe mit grösseren Steinen, Baumstämmen und Ästen, die ich unter der immer dickeren Schneedecke suche, zu sichern. Uff das ist ja eine Nacht.
Um fünf Uhr fegt der Schneesturm immer noch über uns hinweg. Wir warten bis es heller wird, brühen uns einen heissen Kaffee und packen dann unsere Rucksäcke im Zelt. Wir ziehen uns warm an und darüber ziehen wir die Regenhosen und Regenjacken an.
Das Zelt zusammenpacken ist die grösste Herausforderung bei dem tobenden Wind. Aber auch das schaffen wir im Schneegestöber. Gerade als wir loslaufen wollen, reisst die Wolkendecke auf und Sonnenstrahlen mischen sich in die Schneeflocken.
Wir gehen durch ein Winterwonderland und werden dabei von dem peitschenden Wind hin und her geschubst. An geschützten Stellen bleiben wir jeweils kuz stehen, um zu verschnaufen und die frisch verschneite Landschaft zu geniessen.
Die neun Meilen stellen uns ganz schön auf die Probe. Es ist unglaublich windig. Teilweise treffen uns Sonnenstrahlen, die uns aufwärmen, teilweise peitscht uns der Schnee dermassen ins Gesicht, dass wir uns zum Schutz die Sonnenbrillen aufsetzten.
Den Weg findem wir trotz Neuschnee recht gut und so kommen erstaunlich gut voran. Je tiefer wir kommen, desto weniger Schnee liegt. Dafür geht das Schneegestöber in Graupelschauer über und schmerzt noch heftiger im Gesicht.
Kein Wunder haben sie hier auf dem Bergkamm eine Windfarm gebaut. Bei dem heftigen Wind scheint es keinen besseren Platz dafür zu geben.
Kurz vor halb elf erreichen wir die Willow Springs Road und hoffen auf einen Hitch nach Tehatchapi, wo wir einen Zero Day und Versorgungsstopp geplant haben. Wieder haben grosses Glück. Wir stehen keine Minute an der Strasse, haben noch nicht mal den Daumen rausgestreckt und schon stoppt ein Auto, das aber in die falsche Richtung fährt.
Es stellt sich aber als Volltreffer heraus. Die Frau fährt ihren Mann zum PCT und wir können dafür mit ihr in die Stadt fahren. Perfekt. In Tehachapi gibt es zuerst ein wärmendes Mittagessen und dann einen heissen Kaffee. Das wärmt unsere durchgefrorenen Körper wieder auf.
Gestärkt laufen wir vom Restaurant zwei weitere Kilometer zum Motel, das wir gebucht haben. Das Ranch Motel ist günstig und eher schlecht bewertet. Wir sind aber mit dem Zimmer zufrieden und können heiss
duschen, Wäsche waschen und unsere durchnässte Ausrüstung wieder trocknen.
An der gleichen Strasse wie unser Motel finden wir ein Steakhouse, wo wir uns am Abend leckere Spare Ribs gönnen.
Ein brutal anstrengender Tag geht zu Ende. Doch wir haben einmal mehr unglaubliches erlebt und sind um wertvolle Erfahrungen reicher geworden.
Zwei Zero Days in Tehachapi
Nach Schnee und Sturm haben wir uns eine lange Pause verdient. In Tehachapi sind wir drei Nächte im Ranch Motel untergebracht und wir haben die Zeit total genossen.
Einmal mehr sind die Tage nur so dahin geflogen. Denn an Zero Days heisst es nicht nur entspannen, sondern es gibt immer etliches zu organisieren. Das Wichtigste ist jeweils essen und Essen für die nächste Etappe besorgen. Im Albertson decken wir uns mit Lebensmitteln für die kommenden sieben Tage ein. Phuuu… das gibt wieder einiges zu schleppen.
Unser Motel befindet sich recht zentral und in wenigen Gehminuten ist das Jake’s Steakhouse und die Deutsche Bäckerei. Da sind wir praktisch Stammkunden.
Zudem sind wir froh, um das schnelle Internet im Motel. So können wir einen neuen Blogbeitrag und Videos hochladen. Auch Administratives steht wieder an, was natürlich auch dazu gehört.
Morgen geht es nun weiter. Um 8 Uhr werden wir von Trail Angel Cheryl abgeholt, die uns zurück zum PCT fährt. Und dann heisst es wieder laufen, bepackt mit schweren Rucksäcken und einer geossen Portion Neugierde, was uns auf den nächsten Meilen erwartet.