Türkisblaue Seen, Steppen, schneebedeckte Berge, wilde Pferde, ein Rudel Füchse und Flamingos. All das finden wir im Perito Moreno Nationalpark, einem Juwel von einem Park in Patagonien. Wir erkunden die wilde Landschaft an der argentinisch-chilenischen Grenze und sind begeistert, dass wir die unberührte Landschaft praktisch für uns allein haben.
«Wenn ihr in Patagonien seid, besucht unbedingt den Perito Moreno Nationalpark. Er wird euch gefallen, denn er ist wild, abgelegen und abenteuerlich.» Diesen Satz haben wir mehr als einmal von Overlandern gesagt bekommen. Und sie hatten recht. Bei Tipps für Orte abseits der Touristenpfade, sind wir sofort Feuer und Flamme.
Wir haben gerade das Wandermekka El Chaltén hinter uns gelassen. Ein gemütlicher Ort mit unzähligen Trekkingmöglichkeiten. Auch wenn es teilweise auf den Wanderwegen wie auf einer Ameisenstrasse zu und her ging, sind wir noch immer hin und weg von der Traumlandschaft. Jetzt sind wir im Perito Moreno Nationalpark und hier erleben wir das komplette Gegenteil, was Menschenmassen betrifft. Der Grund, er liegt fernab der Touristenpfade und jährlich kommen nur etwa 1’000 Besucher her.
Wie ist der Perito Moreno Nationalpark erreichbar?
Du bist mit dem Camper oder einem Mietfahrzeug unterwegs? Perfekt. Öffentliche Verkehrsmittel fahren nämlich nicht zum Nationalpark.
Der Perito Moreno Nationalpark befindet sich zwischen den argentinischen Kleinstädten Gobernador Gregores und Perito Moreno. Wir sind unterwegs auf der legendären Ruta 40 und biegen auf die Provinzstrasse RP 37 in westliche Richtung ab. Rund um uns Pampa. Bis zum Nationalpark sind es 90 km auf rauer Schotterstrasse. Es holpert und rüttelt. Ja, die Anfahrt ist nervenaufreibend, aber davon solltest du dich nicht abschrecken lassen. Die Landschaft entschädigt für die Strapazen. Versprochen.
Achtung: Den Park nicht mit seinem Namensvetter, dem berühmten Perito Moreno Gletscher im Los Glaciares Nationalpark, verwechseln. Die beiden sind rund 560 km voneinander entfernt.
Natur pur, ganz für uns allein
Wir sind da, im Perito Moreno Nationalpark. Als erstes registrieren wir uns beim Ranger, der uns auch gleich die verschiedenen Wander- und Campingmöglichkeiten erklärt. Er schwärmt uns auch vom smaragdgrünen Belgrano See, der Belgrano Halbinsel, der windgepeitschten Landschaft, der patagonischen Steppe und dem Tierreichtum vor. Das steigert unsere Vorfreude.
Bevor wir losfahren, erkundigen wir uns noch über die Wetterprognosen. Bei starkem Wind oder Sturm sind Wanderungen nicht ungefährlich. Wir haben Glück, die Aussichten stehen gut. Starke Winde werden zwar erwartet, dafür sollte es die nächsten Tage trocken bleiben.
Als erstes fahren wir zum Lago Belgrano, der uns sofort verzaubert. Wow, das Wasser ist türkis. Kitschig und wunderschön.
Auf dem Parkplatz stehen zwei Autos, wir sehen jedoch keine Menschenseele. Die letzten Wochen sind wir im Torres del Paine Nationalpark in Chile gewandert. Eine traumhaftes Wandergebiet, das wir jedoch mit Hunderten anderen teilen mussten. Dasselbe gilt für den Fitz Roy in El Chaltén. So kommt uns der wenig besuchte Perito Moreno Nationalpark gerade recht. Und wir werden nicht enttäuscht. Wenn du Ruhe sucht und Patagonien abseits der ausgetretenen Pfade erleben willst, bist du hier genau richtig.
Wandern im Perito Moreno Nationalpark
Die Peninsula Belgrano ist eines der Highlights im Park. Es gibt zwei Wanderwege, den Circuito Chico und den Circuito Grande. Beide Wanderungen lassen sich gut miteinander verbinden. Wir stellen unseren Camper ab und werden wohl auch gleich hier übernachten. So können wir uns auf der Halbinsel viel Zeit lassen. Wir packen unsere Rucksäcke und nehmen genügend Proviant mit. Für die Umrundung der Halbinsel rechnen wir den ganzen Tag ein, denn so können wir längere Pausen machen und die Natur geniessen.
Circuito Chico
Distanz: 9.6 km | Dauer: 3-4 Stunden | Schwierigkeitsgrad: einfach
Beim Parkplatz gibt es eine Informationstafel mit der Wanderkarte. Der Trail startet gleich dahinter. Über einen schmalen Erdwall erreichen wir die Halbinsel. Hier verzweigt sich der Weg. Es ist eine Rundwanderung und so spielt es keine Rolle, ob wir rechts oder links abbiegen. Wir entscheiden die Peninsula Belgrano im Uhrzeigersinn zu umrunden. Der erste Teil der Wegstrecke ist dieselbe wie die vom Circuito Grande.
Wir haben den Wind im Rücken und geniessen die herrliche Aussicht auf den See. Nach rund 1.5 km verzweigt sich der Pfad. Links geht’s zum Refugio Archipelago, einer Hütte direkt am See. Rechts geht es weiter auf dem Circuito Chico, ins Innere der Halbinsel zur Laguna Pescado und weiter zur Laguna Flamenco. Bei der Laguna Pescado treffen übrigens die beide Wanderwege wieder aufeinander.
Es geht über Stock und Stein zurück. Nach rund 3 Stunden erreicht man den Parkplatz. Die Wanderung ist einfach.
Circuito Grande
Distanz: 16.8 km | Dauer: 5 Stunden | Schwierigkeitsgrad: einfach
Die Wanderung rund um die Halbinsel Belgrano ist einfach, lang und wunderschön. Die ersten 1.5 km sind wir auf demselben Weg wie vom Circuito Chico unterwegs. Beim Abzweiger gehen wir geradeaus, wo wir an der Südseite der Halbinsel entlanglaufen. Die Aussichten auf den See sind genial. Wir können uns kaum sattsehen. Das türkisfarbene Wasser ist der Wahnsinn.
An der Südwestseite entdecken wir das Refugio Dos Bahias. Der traumhafte Strand ist der perfekte Ort für unsere Mittagspause. Wir folgen dem schmalen Pfad rund 900 Meter bis zum Refugio. Was wir dort finden, ist der Hammer. Reisefreunde haben uns von diesen Hütten erzählt und uns vorgeschwärmt. Die Hütten sind superschön und gut ausgestattet. Wer hier nächtigen will, kann das Refugio online buchen. Und stell dir vor, sie sind kostenlos. Wir bereuen gerade ein bisschen, dass wir dem Tipp nicht gefolgt sind.
Nach einer ausgedehnten Pause am wunderschönen Kiesstrand laufen wir an der Westseite der Halbinsel Belgrano weiter und geniessen auf jedem Meter die traumhafte Aussicht auf den See und die Anden.
Traumstrand am Lago Belgrano beim Refugio Dos Bahias
Wir hören Stimmen und es kommt uns eine Gruppe Wanderer entgegen. Schon fast komisch, andere Menschen zu sehen. Sonst sind wir auf der ganzen Wanderung allein unterwegs. Inzwischen sind wir auf der Nordseite der Halbinsel. In der Ferne ragen die schneebedeckten Gipfel der Sierra Colorada in die Höhe und vor uns ist der Lago Belgrano. Wir fragen uns, wieso das Wasser plötzlich milchig aussieht. Später lernen wir, dass die helle Farbe von den Flüssen kommt, die Wasser von den Gletschern zum See schwemmen. Im Gletscherwasser befinden sich Partikel, die diese milchige Farbe entstehen lässt.
Der Weg führt nun ins Inselinnere und jetzt bläst uns der Wind entgegen. Bei der Laguna de Pescado treffen wir dann wieder auf den Circuito Chico Trail. Einen weiteren kurzen Stopp legen wir bei der Laguna Flamenco ein bevor wir uns auf den Rückweg zum Parkplatz machen.
Es ist schon spät und wir verkriechen uns im Camper. Nach einer ruhigen, windigen Nacht fahren wir in den Norden des Parks. Wir kommen an der Estancia La Oriental vorbei, die einzige private Unterkunft im Park. Ein paar Kilometer weiter biegen wir ab auf einen einspurigen Feldweg, der am Fuss des Cerro Leon endet.
Sendero Cerro Leon – Wanderung auf den Gipfel auf 1’434 m ü. M.
Distanz: 3.1 km | Dauer: 1.15 h für den Aufstieg, 1 h für den Abstieg | Achtung: steil und meist sehr windig
Die Wanderung auf den Cerro Leon ist vor allem bei schönem Wetter sehr empfehlenswert. Die Aussicht vom Gipfel ist unbezahlbar. Obwohl der Gipfel nur gerade auf 1’434 m ü. M. liegt, ist die Rundumsicht genial. Die türkisfarbenen und hellblauen Seen, die schneebedeckten Berge und die karge, trockene Steppe veranstalten ein Farbenspektakel der Superlative.
Wir parken unseren Camper und folgen dem schmalen Pfad. Der Wanderweg ist gut ausgeschildert, den Fussspuren nach jedoch wenig begangen. Das erste Stück geht geradeaus, ist abwechselnd sandig und steinig, bevor es den Hügel aufwärts geht. Auf den ersten Blick sieht der Aufstieg gar nicht so schlimm aus, ist dann aber doch steiler als wir dachten. Schon bald ziehen wir unsere Jacken aus, denn wir kommen schnell ins Schwitzen.
Die ersten 1.6 km sind geschafft. Ein kurzes Stück führt durch einen kleinen Südbuchenwald. Dann geht es erneut steil aufwärts. Und das für die nächsten 1.5 km bis zum Gipfel. Der schmale Pfad geht ziemlich direkt aufwärts. Je höher wir kommen, desto steiniger wird es. Die letzten Meter sind wir exponiert und es weht uns fast weg.
Traumaussicht vom Gipfel – Cerro Leon auf 1’470 m ü.M.
Wir schaffen den Aufstieg bis zum Gipfel, wo es zum Glück einen Windschutz hat. Zuerst legen wir unsere Rucksäcke ab, machen ein paar Fotos von der atemberaubenden Landschaft – der Wind raubt uns in der Tat fast den Atem – und setzten uns hinter die Steinmauer. Wow, was für eine Kraft der Wind hat. Der Wind lässt nicht nach, im Gegenteil, er wird sogar noch stärker. So entscheiden wir uns die Mittagspause etwas weiter unten an einem windgeschützten Ort einzulegen.
Beim Abstieg müssen wir ganz schön aufpassen, dass wir vom Wind nicht weggeweht werden. Auf halben Weg finden wir dann den idealen Platz und geniessen bei strahlendem Sonnenschein unsere Mittagspause. Während wir unsere Sandwiches vertilgen, beobachten wir wie Vögel durch die Luft gleiten. Natürlich halten wir auch Ausschau nach Pumas, denn es sollen hier schon welche gesehen worden sein. Das glauben wir gern, denn beim Aufstieg haben wir sogar Spuren gesehen.
Der Rückweg geht viel schneller als der Aufstieg und im Nu sind wir zurück beim Camper.
Gut zu wissen: Der Sendero Cerro Leon kann übrigens auch von der Estancia La Oriental aus gewandert werden. Die Strecke bis zum Gipfel ist etwas weiter und dauert rund 3.5 Stunden.
El Rincon Ranger Station und Museum
Nach der schönen und anstrengenden Wanderung fahren wir gleich noch zur El Rincon Ranger Station. Dort ist einer der offiziellen Stellplätze für Camper. Die Ranger Station ist bei unserem Besuch nicht besetzt und wir sind die einzigen Besucher. Wir parken auf dem Kiesplatz neben dem Museum. Nachdem wir uns im kleinen Museum umgeschaut haben, geniessen wir den Abend in unserer warmen Stube. Draussen bläst kräftiger Wind und es ist zu kalt und ungemütlich, um draussen zu sitzen. Die Sonne geht bald unter und auf der Wiese tummeln sich gerade die Füchse und Guanakos. Fasziniert schauen wir ihnen eine Weile zu.
Am Rio Roble entlang zum Lago Burmeister
Wir verlassen den nördlichen Teil des Nationalparks und fahren als nächstes zum Lago Burmeister. Auf der Fahrt kommen wir an Lagunen und Flusslandschaften vorbei. Wo Wasser ist, tummeln sich die Tiere. Wir sehen Guanakos in grossen Herden und Nandus (ähnlich wie Emus) rennen vor uns weg. Die patagonische Steppe bietet viel mehr als man auf den ersten Blick sieht.
Mirador de Aves – Flamingos und Enten
Auf dem Weg zum Lago Burmeister machen wir einen kleinen Abstecher zum Mirador de Aves, was auf Deutsch Vogelaussichtspunkt heisst. Von der Plattform kann man Flamingos und Enten in der Lagune beobachten.
Die Strecke bis zum Lago Burmeister ist superschön. Sie führt am Rio Roble entlang, entsprechend viel Tiere sehen wir in der Steppe. Wir sind froh, dass es trocken ist. Bei Regen wird die Strasse nämlich gesperrt, weil sie durch Lehmpfannen führt und diese die Strasse unbefahrbar machen. Wir erreichen schliesslich den Lago Burmeister, wo wir die Nacht verbringen. Wir steigen aus und es bläst uns fast weg. Der Wind kommt ungebremst von den chilenischen Bergen über den See gefegt. Es fühlt sich schon fast wie in einem Windkanal an. Zum Glück befinden sich die Stellplätze hinter dem Südbuchenwald, der Wind etwas abbremst.
Weitere Wanderungen und interessante Orte im Perito Moreno Nationalpark
- Sendero Rio Volcán
- Sendero Unión de los Valles
- Estancia La Oriental
- Mirador del Río Lácteo
- Mirador del Lago Volcán
- Valle del Rincón
- Cerro Condorera
- Pasarela del Río Volcán
- Lagunas del Mié
Unterkunft – Campen oder im Refugio schlafen
Campen ist auf den Parkplätzen bei der El Rincon Ranger Station, der Peninsula Belgrano und beim Lago Burmeister erlaubt. Beim Lago Burmeister gibt es sehr schöne, windgeschützte Plätze für Zelt, Picknicktische und windgeschützte Bereiche zum Kochen.
Toiletten sind bei allen Plätzen vorhanden.
Übernachtungs-Tipp auf der Belgrano Halbinsel – Im Refugio schlafen
Auf der Halbinsel gibt es vier Refugios; das Refugio Caleta Wala, Refugio Archipelago, Refugio Dos Bahias und Refugio Playa Quetro. Die Hütten sind neu und sehr gut ausgestattet. Drinnen gibt es einen grossen Tisch, Schlafplätze mit dünnen Matratzen für 4-6 Personen, einen Ofen mit Holz, eine kleine Terrasse mit Sitzgelegenheit und Toilettenhäuschen draussen im Wald.
Die Refugios sind kostenlos. Reservierung online oder ausserhalb der Saison auch vor Ort beim Ranger am Parkeingang.
Übernachten in der Estancia La Oriental
Zimmer, Dorms und Camping vorhanden. Mehr Informationen auf laorientalpatagonia.com.ar
Praktische Informationen für den Besuch im Perito Moreno Nationalpark
- Obligatorische Registrierung beim Ranger, Büro ist gleich beim Parkeingang. Eine Registrierung ist wichtig, sodass die Ranger wissen, wer sich im Park befindet. Die Wetterkonditionen sind harsch und können jederzeit wechseln. Aus Sicherheitsgründen wollen die Ranger deshalb wissen, wer sich im Nationalpark befindet und wie lange. Beim Verlassen des Parks zurückmelden.
- Öffnungszeiten: 1. Oktober bis 30. April, täglich von 9 bis 21 Uhr
- Der Eintritt in den Park ist kostenlos.
- Die Wege sind gepflegt und gut ausgeschildert.
- Im Park herrscht raues Klima. Starke Winde und meist kühle Temperaturen. Die Durchschnittstemperatur im Sommer liegt bei 15°C. Immer warme Kleidung, Wind- oder Regenjacke mitnehmen.
- Die Sonneneinstrahlung ist stark. Sonnencreme nicht vergessen.
- Genügend Lebensmittel und Treibstoff mitnehmen. Der Park ist abgelegen und fernab der Zivilisation.
- Es gibt weder Mobilfunk oder Internet.
Mehr Informationen findest du auf der offiziellen Webseite des Nationalparks: Parque Nacional Perito Moreno
Ganz wichtig, wenn du dir überlegst den Perito Moreno Nationalpark zu besuchen
Für den Umweg brauchst du genügend Treibstoff und Lebensmittel. Wie oben erwähnt ist der Parkeingang 90 km von der Ruta 40 entfernt und dieselbe Strecke geht es dann wieder zurück. Innerhalb des Parks legt man ebenfalls einige Kilometer zurück, die man einberechnen sollte. Die nächste Tankstelle vom Parkeingang befindet sich erst in Gobernador Gregores (220 km entfernt). Je nach Reichweite des Treibstoffs ist es sinnvoll einen Zusatzkanister mitzuführen.
Distanzen zu den nächsten Ortschaften
220 km von Gobernador
240 km von Perito Moreno (Stadt – nicht zu verwechseln mit dem Perito Moreno Gletscher oder Nationalpark)
435 km von El Chaltén
470 km von El Calafate
Unser Fazit
Im Perito Moreno Nationalpark haben wir Patagonien wie im Bilderbuch gefunden. Auch wenn uns der Wind kräftig um die Ohren geblasen hat und die Anreise weit ist, war es den Abstecher auf jeden Fall wert. Die Farbenexplosion der Landschaft, die Begegnungen mit Guanakos, wilden Pferden, Füchsen, den Nandus (eine Art Emu), den Flamingos, Enten und unzähligen Vögeln wird uns immer in Erinnerung bleiben. Nur einen Puma haben wir nicht gesehen. Vielleicht hast du ja Glück.
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