Das tropische Tiefland von Bolivien überrascht und beeindruckt uns mit der üppigen Vegetation, den wunderschönen Missionskirchen und den gastfreundlichen Menschen. Südlich des Amazonasbeckens breitet sich das Tiefland Boliviens weit in den Osten Richtung Brasilien aus. Hier brummt der landwirtschaftliche Motor des Andenstaates. Nebst dem Grasland für Rinder wird vor allem Soja, Reis, Zuckerrohr und Baumwolle auf den weiten Ebenen der Pampas angepflanzt.
Wer an Bolivien denkt, hat wohl eher Bilder der Andenregion mit seinen wundervollen Lagunen, hohen Bergen, der kargen Vegetation, den Alpakas, Lamas und bunten Kleidern der Einheimischen im Kopf. Genau diese Bilder verbinden auch wir mit Bolivien. Es ist das Bolivien, dass wir bei unserem ersten Besuch vor einem Jahr angetroffen haben und welches uns in den Bann gezogen hat. Bei unserem ersten kurzen Abstecher in den Süden des Landes erkundeten wir die Lagunenroute, fuhren quer über den Salar de Uyuni und besuchten den eindrücklichen Sajama Nationalpark. Dort befindet sich der Nevado Sajama, der mit 6’542 m der höchste Berg Boliviens ist.
Nun sind wir zurück in Bolivien und finden ein komplett anderes Bild vor. Es ist heiss und tropisch. Es gibt Stechmücken. Die Erde ist rot und lehmig, was die unbefestigten Strassen bei Regen in Schlammpisten verwandelt. Und die Vegetation ist grün und üppig. Zudem ist die Landschaft relativ flach, die kleinen Erhebungen sind weit von den Gipfeln der Anden entfernt und die Menschen sind aufgeschlossen und zugänglicher, als wir sie in den Anden erlebt haben. Auch so kann Bolivien sein.
Tropisches Tiefland von Bolivien – Ein Geheimtipp?
Wir befinden uns im tropischen Tiefland von Bolivien, im Osten des Andenstaates. Bei Reisenden steht dieser Teil des Landes nicht unbedingt zuoberst auf der Liste. Kein Wunder, treffen wir kaum auf andere Reisende und dementsprechend wenig ist die touristische Infrastruktur an vielen Orten ausgebaut. Man könnte das tropische Tiefland von Bolivien schon fast ein bisschen als Geheimtipp bezeichnen. Denn, die Region, die übrigens mehr als die Hälfte der Gesamtfläche des Landes ausmacht, hat einige touristische Highlights zu bieten. Einen Besuch des tropischen Tieflandes von Bolivien können wir wärmstens empfehlen.
In diesem Beitrag findest du einige der schönsten Sehenswürdigkeiten im tropischen Tiefland von Bolivien und unsere Erlebnisse aus einem noch recht untouristischen Teil des Landes.
Die Highlights im tropischen Tiefland von Bolivien
- Das Feuchtgebiet Pantanal ist das grösste der Welt und liegt im Dreiländereck Brasilien, Paraguay und Bolivien. Hier geht’s zum Beitrag über unsere abenteuerliche Fahrt durch den brasilianischen Teil des Pantanal.
- Die Jesuitenmissionen der Region Chiquitania gehören zum UNESCO Weltkulturerbe und entstanden zwischen 1696 und 1760. Mehr zu den Missionskirchen findest du in diesem Beitrag.
- Der idyllische Ort Samaipata bietet Kultur, Wandermöglichkeiten und etwas frischere Bergluft in den Ausläufern der Anden in rund 1’700 m Höhe. Hier geht’s zum separaten Beitrag über die Sehenswürdigkeiten von Samaipata.
- Der Amboro Nationalpark bietet abwechslungsreiche Landschaft vom tropischen Tiefland Boliviens bis in die Täler der Andenausläufer. Hier geht’s zum separaten Beitrag über den Amboro Nationalpark.
- Den Madidi Nationalpark im Norden des tropischen Tieflandes von Bolivien werden wir hoffentlich bei unserer nächsten Reise durch Bolivien besuchen. Dann werden wir weiter in den Norden des Landes und in das Amazonasbecken vorstossen.
- Santa Cruz ist das Wirtschaftszentrum Boliviens und mit rund 2 Mio. Einwohnern die grösste Stadt des Andenstaates. Wir beweisen Mut zur Lücke und lassen die Stadt links liegen. Städte gibt es noch viele und wir konzentrieren uns lieber aufs Erkunden der Sehenswürdigkeiten in der Natur. Man muss nicht jede Grossstadt gesehen haben.
Vom Pantanal in Brasilien über die Grenze ins tropische Tiefland Boliviens
Das erste grosse Highlight von unserer Reise durch Brasilien liegt hinter uns. Wir haben das grösste Binnenfeuchtgebiet der Welt, das Pantanal, auf einem Ponton durchquert. Es war ein grossartiges Erlebnis und die vielen Tierbegegnungen waren wunderschön. Nun wollen wir zuerst ein paar Wochen das tropische Tiefland von Bolivien erkunden. Zwischen den Orten Caseres in Brasilien und San Matias in Bolivien, die rund 100 km auseinanderliegen, überqueren wir die Grenze.
Mit vollen Dieseltanks fahren wir als erstes zur Policia Federal in Caseres, wo wir den Ausreisestempel für unsere Reisepässe erhalten. Anschliessend fahren wir zur Aduana (dem Zoll), wo wir unser Fahrzeug austragen lassen. Happy, dass wir vor 9 Uhr auf brasilianischer Seite alles Administrative erledigt haben, fahren wir nun nach Westen. Unser Ziel, die Grenze San Matias in Bolivien.
Plötzlich stehen wir da. An der Grenze. Und hier endet die Teerstrasse. Beim Grenzposten müssen wir uns registrieren. Unsere Namen und die Passnummern werden notiert. Einen Stempel gibt es nicht, denn das offizielle Grenzbüro befindet sich ein paar Kilometer weiter. Wir werden angewiesen in San Matias bei der Einwanderungsbehörde vorbeizugehen. Dort erwischen wir Dank unserem GPS den Hintereingang. Wir dachten schon, wir seien auf einer Müllhalde gelandet. Bolivien ist definitiv anders als Brasilien. Beim dritten Versuch finden wir dann den richtigen Eingang.
Wir parken Taku, treten ein, folgen dem Pfeil «Migracion» und stehen am Schalter einer ernsten, grimmigen Beamtin. Sie nimmt unsere Reisepässe, stellt die eine oder andere Frage und knallt schliesslich den Einreisestempel in unsere Pässe. 30 Tage dürfen wir in Bolivien bleiben. Der letzte Behördengang ist die Zollbehörde von Bolivien, wo wir die temporäre Einfuhrbewilligung für Taku einholen müssen. Die Beamtin beim Zoll ist das pure Gegenteil. Superfreundlich, hilfsbereit und verständnisvoll. Sie füllt das TIP (temporäre Importbewilligung) aus, während wir ein Onlineformular an unseren Smartphones ausfüllen müssen. Wenig später halten wir das wichtige Dokument für Taku in der Hand.
Glücklich, dass alles so reibungslos geklappt hat, fahren wir ins Zentrum von San Matias. Bei der Banco Union versuchen wir unser Glück Geld abzuheben. Zwei Minuten später halten wir 500 Bolivianos (ca. 60 Franken) in der Hand. In einem neuen Land etwas Bargeld in den Taschen zu haben, ist uns wichtig. Denn man weiss ja nie. Im Dorf kaufen wir dann gleich ein paar Bananen und eine grosse Papaya für umgerechnet gerade mal CHF 2.50.
Von San Matias unterwegs nach San Ignacio de Velasco
Die Strasse F10 verläuft Richtung Westen nach San Ignacio de Velasco. Rund 200 km geht es ganz nah der brasilianischen Grenze entlang durch das Pantanal. Wegen der Grenznähe gibt es viele Militärkontrollen. Insgesamt passieren wir fünf Kontrollen. Die einen öffnen einfach die Schranke, bei anderen müssen wir uns mit Pass und Fahrzeugpapieren registrieren. Wir haben auch gelesen, dass es auf der Strecke nicht empfehlenswert ist frei zu stehen, da es eine bekannte Schmugglerroute ist. Deshalb die vielen Kontrollen.
Die Fahrt ist anstrengend, denn die Lehmpiste hat etliche Schlaglöcher und es gibt auch immer wieder Holzbrücken zu überqueren. Da es kürzlich stark geregnet hat, ist auch öfters der Untergrund nass und weich. Zum Glück ist die Piste inzwischen grösstenteils wieder abgetrocknet, ansonsten wäre dies eine abenteuerliche Schlammfahrt geworden.
Als wir ein weiteres Schlagloch erwischen, hören wir einen dumpfen Knall. Marcel fährt langsam an den Strassenrand und schaut unters Auto. Mist, ein Stossdämpfer ist kaputt und durch die Befestigung durchgebrochen. Es ist schon spät und die Sonne geht bald unter. So suchen wir uns einen Schlafplatz entlang der Strasse, wo Buschmechaniker Marcel gleich das Werkzeug rausholt, um den Stossdämpfer auszubauen. Er schafft es mit dem Werkzeug jedoch nicht, die festgerostete Schraube zu lösen. Da es bereits dunkel wird, wird morgen weitergeschraubt.
In San Ignacio de Velasco beim ausgewanderten Schweizer in der Lavanderia Suiza
Guten Morgen, Bolivien. Ein neues Land und neue Eindrücke warten die nächsten Wochen auf uns. Und ein kaputter Stossdämpfer. Doch leider lässt sich das Problem auch heute morgen nicht beheben. So fahren wir einfach vorsichtig weiter. Unser Tagesziel ist nah. Rund 60 km sind es noch bis San Ignacio de Velasco, wo wir in der Lavanderia Suica bei Miriam und Ruedi im Garten campen. Ruedi ist Schweizer und in der Ostschweiz aufgewachsen. Vor vielen Jahren ist er nach Bolivien ausgewandert, wo er mit seiner bolivianischen Frau lebt. Wir werden herzlich empfangen und können Taku vor die Wäscheleinen in den Garten stellen.
Den Nachmittag geniessen wir im Garten und schwitzen vor uns hin. Am späten Nachmittag spazieren wir durch die Strassen, kommen am Markt und am zentralen Platz vorbei. Doch es ist uns noch immer zu heiss, sodass wir zurück zum Camp gehen. Kurz bevor die Sonne untergeht, machen wir uns wieder auf den Weg und suchen uns ein Restaurant. Am Plaza gehen wir zuerst ein Bier trinken und weil es so gemütlich ist, bleiben wir gleich fürs Abendessen. Der BBQ Burger ist saftig und unglaublich lecker. Er ist so gut, dass wir am Tag vor der Abreise sogar ein zweites Mal dort essen gehen und werden nicht enttäusch. Es ist einer der besten Burger, den wir bis jetzt in Südamerika gegessen haben.
Während unserer Zeit in San Ignacio flickt Marcel den Stossdämpfer, wäscht den Staub und Dreck vom Solarpanel runter, Reni geht am Markt frische Früchte und Gemüse kaufen, organisiert eine SIM-Karte und wir erledigen auch einiges für den Blog. So vergehen die Tage wie immer sehr schnell.
Beim Fleisch hatten wir so unsere Mühe, dass wir uns öfters Vegetarisch ernährt haben.
Wir haben es sehr genossen, wieder einmal im Zentrum einer Ortschaft zu campen. Zu Fuss auf dem Markt einkaufen, auswärts essen gehen und dabei Taku in Sicherheit zu wissen, ist einfach super. Auch die Gespräche mit Ruedi und seiner Familie sind eine sehr schöne Abwechslung und Bereicherung unseres Reiselebens.
San Ignacio de Velasco ist übrigens auch aus einer Jesuitenmission entstanden. Es war einst das wirtschaftliche Zentrum der Jesuitenmissionen und die Kirche war die grösste ihrer Art. Sie wurde im Jahre 1974 abgerissen und im 2000 durch einen fast baugleichen Neubau ersetzt. Von unserem Lieblingsrestaurant an der Place haben wir einen tollen Blick auf die Missionskirche und haben das Bauwerk etliche Male bei verschiedenen Tageszeiten bestaunt.
Unterkunft in San Ignacio de Velasco
Unser Hotel-Tipp im Zentrum von San Ignacio:
Apart-Hotel San Ignacio-Boutique 5 Estrellas – Zentrale Lage. Geräumige Zimmer und Suiten. Schöner Garten mit Pool.
Es hat gut getan ein paar Tage am selben Ort zu sein. So konnten wir runterzufahren und hatten Zeit in Bolivien anzukommen. Jedes Land ist wieder anders, sodass wir uns auf neue Gegebenheiten einstellen müssen. Geld abheben ist in Bolivien kein Problem, eine SIM-Karte kaufen und aktivieren auch nicht, doch Diesel tanken ist eine Herausforderung. Oft gibt es keinen Diesel an den Tankstellen und wenn es welchen gibt, zahlt man mit ausländischen Kennzeichen einen viel höheren Preis. Manchmal kriegt man Diesel auch nur dann, wenn man nicht direkt ins Fahrzeug füllt, sondern mit Kanistern tankt. Da es bis vor kurzem Strassenblockaden im Westen gab, stehen einige Tankstellen wieder einmal ohne Treibstoff da. Bei den Tankstellen, die Diesel verkaufen, sind die Warteschlangen so lang, dass wir wohl bei der Tankstelle übernachten müssten. Es eilt zum Glück nicht, denn wir haben zwei Diesel Tanks. Wir versuchen unser Glück im nächsten Ort.
Die Missionskirche von Conception ist ein Highlight des tropischen Tieflandes von Bolivien
In Concepcion versuchen wir erneut an Diesel ranzukommen. Doch bei so vielen Pickups und LKW’s, die bereits dastehen – und alle haben zusätzlich riesige Kanister oder ganze Anhänger mit Tanks zum Befüllen – schwindet unsere Hoffnung heute noch zu tanken.
So fahren wir ins Zentrum und sehen uns die Hauptattraktion vom Concepcion an. Die Jesuitenmission. Sie gehört mit fünf anderen zum UNESCO Weltkulturerbe. Zuerst besichtigen wir das Museum mit Relikten, christlichen Gegenständen und Fotos. Anschliessend spazieren wir mit dem Ticketverkäufer zur Kirche, wo er uns die Tür zu einem Raum mit Bildern und Fotos öffnet. Dann können wir in den Innenhof und durch den Wandelgang spazieren. Die Kirche betreten wir durch den Seiteneingang. Im Moment sind wir die einzigen Besucher. Doch wir sehen im Gästebuch, dass vor uns drei italienische Reisende da waren. Und wir entdecken einen Eintrag von einem Schweizer Paar aus dem Thurgau. So cool!
Auf unserer App haben wir ausserhalb des Ortes einen Stellplatz gefunden. Den sehen wir uns jetzt an. Da wir auf dem Weg zur Laguna Zapoco wieder an der Tankstelle vorbeikommen, steigt unsere Hoffnung wieder. Doch es stehen noch immer etliche Laster und Pickups Schlange. Wir checken also zuerst den Schlafplatz an der Lagune aus. Passt. Eine gute Stunde geniessen wir die Sonne und starten kurz vor Sonnenuntergang einen nächsten Versuch Diesel zu kriegen. Bringt wieder nichts. So verschieben wir das Diesel-Thema auf den kommenden Tag.
Regen und dicke Wolken begrüssen uns am Samstagmorgen, sodass wir zu faul sind uns um den Diesel zu kümmern. Wir haben ja zum Glück noch einen ganzen Tank voll. Eilt also nicht. Den grauen, regnerischen Samstag sitzen wir am See in Concepcion aus, was genau die richtige Entscheidung ist. Obwohl wir so den Samstagabend an einem beliebten Ort der Einheimischen verbringen, ist es am späten Abend ruhiger als erwartet. Nur ein paar Fischer, die irgendwann mit ihren Motorrädern davonbrausen, nehmen wir im Halbschlaf wahr.
Am nächsten Morgen ist das graue, trübe Wetter vorbei und die Sonne begrüsst uns wieder. Dank der Wetterstörung hat sich die Luft abgekühlt. Als wir den Kopf aus dem Fenster stecken, weht uns eine frische Brise ins Gesicht. Das perfekte Klima, um vor dem Frühstück die Yogamatte auszurollen. Beim Kaffee schlürfen besprechen wir die Weiterfahrt. Es ist Sonntag und ein neuer Blogpost ist bereit zum Veröffentlichen. Im Beitrag über die spannende Fahrt auf dem Ponton durch das Pantanal in Brasilien gibt es coole Bilder und Infos zu diesem Abenteuer und der Flora und Fauna des Pantanal.
Die Jesuitenmission von San Javier gehört zu den Sehenswürdigkeiten des bolivianischen Tieflandes
Kurz vor 10:30 Uhr sind wir abfahrbereit. Bis zur Jesuitenmission in San Javier sind es etwa 60 km. Das Museum und die Kirche sind bis 12 Uhr offen, das sollten wir schaffen. Die Strasse ist geteert und bis San Javier gibt es ausser ein paar fotogenen Felsen, nichts weiter zu sehen. Kurz vor halb zwölf parken wir Taku an der grossen Plaza, die Jesuitenkirche ist nur wenige Schritte entfernt.
Für 20 Bolivianos (ca. CHF 2.50) kaufen wir je ein Ticket. Im Museum sind ein paar Dinge aus der originalen Kirche ausgestellt. Zudem gibt es Displays mit viel Text, doch unser Spanisch ist nicht gut genug, um alles zu verstehen. So sind wir in wenigen Minuten durch und nehmen uns für die Kirche mehr Zeit. Wir bewundern die Holzpfeiler, die bemalte hölzerne Decke und den schlichten Altar. Die Jesuitenmission San Javier war die erste in der Chiquitania Region und somit die Älteste. Im Zusammenhang mit der Restauration stolpern wir über einen Namen aus der Schweiz. Hans Roth, ein Schweizer Architekt, war der Leiter als die Mission San Javier von 1987 bis 1993 vollständig restauriert wurde.
Pünktlich um 12 Uhr verlassen wir die Kirche und geniessen an der zentralen Plaza ein Sandwich. Dank unserem Camper haben wir alles dabei und können uns jederzeit was zu essen zaubern. Unter grossen Bäumen sitzen wir im Schatten, kauen unsere Mittagsbrote, beobachten die Familien beim Spielen und immer wieder werden wir freundlich gegrüsst. Die Bolivianos sind im tropischen Tiefland freundlich und aufgeschlossen. Ganz anders als im Hochland, so war zumindest unser erster Eindruck als wir letztes Jahr in der Andenregion die Lagunenroute, den Salar de Uyuni und den Sajama Nationalpark besucht haben. Wir sind jetzt schon gespannt, wie wir es beim nächsten Besuch empfinden werden, wenn wir wieder in die Andenregion reisen.
Als wir weiterfahren, steht uns wieder das Diesel-Tanken-Projekt bevor. Wir fahren bis San Ramon, wo wir an der Hauptstrasse eine Tankstelle entdecken. Im Kopf hat Reni bereits die wichtigsten Fragen auf Spanisch bereit.
Wortwechsel an der Tankstelle:
Reni: „Gibt es Diesel?“ Die Tankwartin: „Ja.“
Reni: „Füllst du direkt in den Tank?“
Die Tankwartin: „Ja. Und auch in Kanister. Wie du willst.“
Reni: „Was kostet der Liter?“
Die Tankwartin: „3.27 Bolivianos.“
Was? Wir trauen unseren Ohren nicht. Wir kriegen einfach so Diesel, direkt in den Tank und das zum lokalen Preis. Was für ein Glück. 83 Liter haben Platz, denn einer unserer Tanks ist praktisch leer. Wir zahlen für 83 Liter gerade mal 38 Franken und kriegen sogar eine Quittung.
Überaus erstaunt und zufrieden fahren wir zum Aussichtspunkt oberhalb der Stadt. Eine kurvige, steile Strasse führt den Hügel hoch. Ein übertrieben prunkvoller Aussichtsturm aus Beton und Glas steht auf dem Hügel. Der Aussichtsturm ist sehr beliebt bei den Einheimischen. Vor allem junge Leute kommen hoch. Die Aussicht interessiert wenige, viel wichtiger ist der Smartphone Bildschirm. Wir verweilen eine knappe Stunde auf dem Turm und geniessen die Aussicht in die Umgebung. In der Nähe des Turms finden wir später einen prima Schlafplatz, wo wir uns einrichten und die Nacht verbringen.
Leckeres Abendessen in der Queseria Suiza in Buena Vista
Mit leicht geschwollenen Augen blinzle ich aus dem Fenster. Marcel liegt nicht neben mir. Komischerweise habe ich ihn gar nicht gehört als er aufgestanden ist. Schlaftrunken kommt mir die vergangene Nacht in den Sinn, die alles andere als entspannt war. Der Stellplatz war eigentlich ganz gut. Wenn uns nur nicht aus dem Quartier am Fuss des Hügels die laute Musik aus einer Bar bis in die frühen Morgenstunden beschallt hätte. Zudem nahm der Lärm von frisierten Motorrädern und Lastwagen durch die Nacht eher zu als ab. Wir trösten uns damit, dass wir nicht arbeiten müssen und es somit egal ist, wenn wir müde sind.
Der Morgenkaffee hilft massiv und im Nu gewinnen wir Energie für den Tag. 185 km haben wir uns vorgenommen. Die ersten 130 km sind geteert. Links und rechts sehen wir riesige Felder mit Sonnenblumen, Zuckerrohr und Soja. Auch grosse Viehherden und Schweineställe gibts zu sehen und zu riechen (puh, die Schweineställe stinken ganz schön heftig). Die Land- und Viehwirtschaft ist im Tiefland Boliviens ein wichtiger Wirtschaftszweig.
Von der Ortschaft Guabira fahren wir weiter westwärts und nun ändert sich die Strasse schlagartig. Nach der Mautstelle rüttelt es uns durch wie auf einer Achterbahn. Eine raue, ruppige Strasse mit tiefen Schlaglöchern ist auf den kommenden 30 Kilometern Programm. Das ist Bolivien. So schnell kann sich der Strassenzustand ändern. Wir holpern an Okinawa vorbei und erreichen Buena Vista am frühen Nachmittag. Bei der Queseria Suiza gönnen wir uns im idyllischen Gartenrestaurant als erstes einen Kaffee.
Die grossen Bäume spenden willkommenen Schatten. Erst als um 17 Uhr die grösste Hitze vorbei ist, spazieren wir ins Zentrum von Buena Vista. Der zentrale Platz ist hübsch, doch es ist sehr wenig los. Die meisten Restaurants und Cafés sind geschlossen. Als wir auf einer Parkbank sitzen und einfach auf die Strasse schauen, kommt ein Hund auf uns zu. Er ist verfilzt und kommt uns zu nahe. Marcel stösst ihn sanft mit dem Fuss weg. Doch er drückt dagegen bis er plötzlich aggressiv wird. Dann fletscht er die Zähne und schnappt zu. Er verbeisst sich in Marcels Schuh und lässt nicht mehr los. Schnell zieht Marcel den Fuss zurück und der Hund lässt ab. Mit pochenden Herzen sitzen wir da. So schnell kann es gehen. Diesmal ist zum Glück nichts passiert. Wir müssen wohl in Zukunft etwas vorsichtiger sein mit den streunenden Hunden.
Zurück bei der Queseria Suiza nehmen wir in der Gartenwirtschaft Platz. Schon seit Tagen freuen wir uns auf ein Cordon Bleu. Und wir werden nicht enttäusch. Es ist unglaublich lecker und die Pommes dazu, ein Traum. Dass wir in Bolivien ein Cordon Bleu kriegen und dann noch mit so leckerem Käse drin, haben wir nicht erwartet. Die Krönung ist natürlich der Käse, der von den Schweizer Auswanderern in der Queseria Suiza hergestellt wird. Wir decken uns selbstverständlich gleich mit Gruyere und Ziegenkäse ein.
Der Amboro Nationalpark ist ein Highlight im tropischen Tiefland von Bolivien
Endlich, wir fahren raus in die Natur. Ein weiteres Highlight des tropischen Tieflandes von Bolivien ist unser Ziel. Von Buena Vista folgen wir der Landstrasse, die an kleinen Weilern am Rande des Amboro Nationalparks entlangführt. Die Landschaft wird immer spannender und hügeliger.
Der Amboro Nationalpark bietet eine erstaunliche Vielfalt an Ökosystemen. Von tropischen Regenwäldern im Tiefland von Bolivien bis hin zu hohen Bergen und Vulkanlandschaften. Die Attraktionen im Park können durch verschiedene Zugänge aus erkundet werden. Die Zugänge sind nicht alle gut ausgebaut und die Pisten oft auch nicht das gesamte Jahr über befahrbar. Ein bisschen Abenteuergeist gehört zur Erkundung des Nationalparks dazu. Die beiden Hauptausgangsorte für den Amboro Nationalpark sind Buena Vista für den Norden und Samaipata für den Süden des Parks.
Wir schauen uns von Buena Vista aus die beiden Wasserfälle Espejiillos und Jardin de las Delicias an. Beides sind lohnende Ziele, wobei uns der Jardin de las Delicias Wasserfall mehr beeindruckt hat. Den südlichen Teil des Amboro Nationalparks besuchen wir von Samaipata aus und wandern durch die grossartige Berglandschaft.
Mehr zu den Attraktionen im Amboro Nationalpark kannst du in unserem Artikel Die schönsten Sehenswürdigkeiten in Samaipata nachlesen.
Noel Kempff Mercado Nationalpark
Der Noel Kempff Mercado Nationalpark ist ein weiteres Highlight im tropischen Tiefland von Bolivien. Dieser Nationalpark ist bekannt für seine unberührte Wildnis, wunderschöne Wasserfälle und eine Vielzahl von Tier- und Pflanzenarten.
Leider liegt der Park sehr abgelegen an der Grenze zwischen Bolivien und Brasilien und ist schwierig zu erreichen. Informationen zu diesem Nationalpark sind eher spärlich und Erfahrungsberichte kaum vorhanden. Wir haben sogar gelesen, dass der Park zurzeit für Besucher offiziell geschlossen ist. Am einfachsten ist wohl ein Besuch im Rahmen einer geführten Tour mit Kleinflugzeug und Schiff. Diese Angebote sind aber nicht gerade günstig. Darum verzichten wir darauf. Wer den Noel Kempff Mercado Nationalpark besuchen will, muss sich unbedingt frühzeitig informieren.
Samaipata ist ein Highlight des tropischen Tieflandes von Bolivien
Auf geht es nach Samaipata. In die Berge, wo wir einen weiteren Teil des Amboro Nationalparks erkunden werden. Auch wenn das Wetter etwas unbeständig ist, lassen wir uns nicht davon abhalten.
Um 8:30 Uhr sind wir bereits unterwegs und fahren von den östlichen Vororten von Santa Cruz Richtung Westen. Zuerst ein kurzer Einkauf im Supermarkt, dann ein Versuch bei der Tankstelle. Dieser scheitert. Kein Diesel für Touristen direkt in den Tank. Wir haben noch genug, so versuchen wir unser Glück später nochmals. Die ersten 50 km sind harzig, denn wir passieren ein Dorf nach dem andern. Der Verkehr ist wegen den vielen Verkehrsberuhigungen unglaublich zähflüssig. Jedes Mal, wenn ein Bump kommt, bremsen die Lastwagen auf Schritttempo ab.
Nach einer Weile wechselt die Landschaft und es wird hügelig. Bald schlängelt sich die Strasse durch eine Schlucht und grössere Orte lassen wir hinter uns. Links und rechts geht es steil hoch. Wir gewinnen auch immer mehr an Höhe. Als wir einmal kurz für ein Foto aussteigen, merken wir, dass auch die Luft bereits merklich kühler ist.
Genau zur Mittagszeit erreichen wir El Fuerte, ein UNESCO Weltkulturerbe. Rund zwei Stunden verbringen wir auf dem Gelände und freuen uns, dass die Sonne sich regelmässig blicken lässt und die Ruinen aus der Inka Zeit beleuchtet.
Weitere 9 km und wir erreichen bereits den gemütlichen Ort Samaipata. Bei der YPFB-Tankstelle klappt es sogar mit Diesel tanken. Mit zwei vollen Tanks fahren wir zu Josiane, einer ausgewanderten Französin, die auch Deutsch spricht. In ihrem Garten hat sie Platz für einen Camper. Wir stellen Taku ab und sind überglücklich hier zu sein. Wir fühlen uns auf Anhieb willkommen und wohl. Unseren Pausetagen in Samaipata und dem Wandern in der grandiosen Landschaft steht nichts mehr im Weg.
Mehr zu den Sehenswürdigkeiten in Samaipata und Wanderungen im Amboro Nationalpark findest du im separaten Beitrag Die schönsten Sehenswürdigkeiten in Samaipata.
Unterkünfte in Samaipata
Unterkunft in Samaipata
La Vida es Bella – Gepflegte, gemütliche Zimmer an ruhiger Lage. Gutes Frühstück.
Andoriña Hostal – Bed & Breakfast – Gute Lage, gemütliche Hostel mit liebevoller Ausstattung.
Backpackers Sayana – Zentrale Lage, das Hostel ist ein chilliger Ort mit schönem Garten.
Durch die Anden Ausläufer zum abgelegenen La Pajcha Wasserfall
Schweren Herzens verabschieden wir uns von Samaipata, Josiane, den zwei Schmusekatzen und Rita, der süssen Hündin. Fünf Nächte haben wir in Samaipata verbracht, die Zeit im Garten genossen, sind zweimal Essen gegangen – leckere Burger und Pizza – haben die Gesellschaft von Katzen und Hunden genossen und auch mal nichts getan.
Doch irgendwann ist die Zeit reif weiterzuziehen. Sonst wird es noch zu bequem. Auf der unbefestigten, kurvenreichen Strasse fahren wir bis San Juan del Rosario, wo wir für einen Fotostopp vor der Kirche halten. Der Ort wirkt ausgestorben. Wir sehen im gesamten Dorf nur zwei Menschen.
Die Fahrt entlang der steilen, kurvigen Piste durch die Hügellandschaft ist spannend. Plötzlich kommt uns ein Wanderer entgegen. Es ist ein junger Schweizer aus dem Jura, der zu Fuss vom Wasserfall herkommt, wo wir hinwollen. Er schwärmt vom La Pajcha Wasserfall und wir freuen uns umso mehr darauf. Auf dem Weg machen wir nochmals eine kurze Wanderung, den Condor Hike. Kondore sehen wir zwar keine, aber schwarze Geier mit einer gewaltigen Spannweite.
Die letzten paar Kilometer bis zum Wasserfall sind nochmals sehr steil und die Berge um uns werden immer gewaltiger. Bald erreichen wir den Stellplatz, von wo aus es nur wenige Gehminuten bis zum Wasserfall sind. Marcel springt ins kalte nass und hat so bereits wieder geduscht.
Nach dem Abendessen lauschen wir den tierischen Geräuschen und beobachten Glühwürmchen. Sie tanzen im Wald herum und zaubern uns ein Lächeln ins Gesicht. Wir nennen sie nun Glückswürmchen, denn sie bringen uns bestimmt Glück auf unserer Reise.
Auf der Ruta del Che (F38) durch die Anden Ausläufer von Bolivien
Mit dem Rauschen des Baches schlafen wir ein und mit demselben Geräusch wachen wir auf. Kein Lärm, nur die Musik der Natur. Einfach herrlich. Der Himmel ist bedeckt und nur ab und zu sind winzige blaue Flecken am Himmel zu sehen. Da wir in einem engen Tal und von hohen Bergen umgeben sind, haben wir keine Ahnung wie sich das Wetter entwickelt. So grau wie es ist, sinkt unsere Hoffnung auf einen besonnten Wasserfall. Deshalb packen wir unsere Sachen und fahren nach dem Frühstück los.
Gleich als erstes gibt es einen kleinen Fluss zu furten, doch der Wasserstand ist tief und somit problemlos. Nun geht es steil aufwärts, die Kiesstrasse wird schmaler und massiv schlechter. Es gibt Auswaschungen und Löcher, aber auch Felsstürze an etlichen Stellen, die uns zum Glück nicht stark behindern.
Und dann wird die Strasse plötzlich zur 4×4 Piste. Zwei Stellen sind tricky. Bei beiden steigt Reni aus, checkt die Situation und auch Marcel analysiert das Ganze aus der Nähe. Dank Marcel’s Fahrkünsten und seiner ruhigen Art meistert er auch diese Situationen. Für die 15 harten Kilometer brauchen wir etwa 1.5 Stunden. Kurz bevor wir den Ort Postrevalle erreichen, sind wir zurück auf einer breiten Kiesstrasse. Ein weiteres Offroad Abenteuer ist geschafft. Inzwischen hat sich auch das Wetter gebessert und die Sonne dominiert.
Wir kommen an abgelegenen Orten wie Tierras Nuevas vorbei, fahren über einen Pass nach dem andern und kurz vor Vallegrande knacken wir sogar die 2’700 m Marke. Wir sind hier an den Ausläufern der Anden und kommen den hohen Gipfeln immer näher. In Vallegrande stoppen wir für die Mittagspause, gehen zum Markt frisches Gemüse kaufen und fahren dann wieder raus in die Berge. Oberhalb des kleinen Ortes Pucara finden wir einen Aussichtspunkt und entscheiden spontan die Nacht zu bleiben. Der Sonnenuntergang ist genial und wir können auch den Vollmond aufgehen sehen.
Ein neuer Tage mit neuen Abenteuern. Weiter geht die Berg- und Talfahrt entlang der Ruta del Che auf den Spuren von Che Guevara. Noch ist der Himmel bedeckt und die ersten Stunden begleitet uns ein grauer Deckel. Doch je südlicher wir fahren, desto besser wird das Wetter.
Nach einer guten Stunde erreichen wir den Rio Grande, wo sich die Vegetation komplett verändert. Wir sehen überall Kakteenbäume und die Landschaft ist total ausgetrocknet. Das Flussbett ist extrem breit, der Fluss führt jedoch nicht viel Wasser. Zu gerne wüssten wir, wie es hier während der Regenzeit aussieht. Ein paar Kilometer fahren wir dem Fluss entlang. Plötzlich jubelt Marcel: „Yeah, wir fahren 50 km/h. Das ist ja ultraschnell im Gegensatz zur Durchschnittsgeschwindigkeit der letzten beiden Tage.“
Lange bleibt es nicht bei dieser schwindelerregenden Geschwindigkeit. Bald geht es nämlich den nächsten Pass hoch. Taku muss echt schuften, denn Strasse schlängelt über enge Kurven den Berg hoch und auf der anderen Seite geht es direkt wieder ins nächste Tal hinunter. Dafür ist die Fahrt umso spannender. Zur Mittagspause erreichen wir Villa Serrano, wo wir an der zentralen Plaza ein Sandwich vertilgen. Zum Dessert schlemmen wir ein Schokoladeneis und schweben im Zuckerschleck-Himmel.
Als wir entlang der wenig befahrenen RN6 einen Platz zum Stehen entdecken, stoppen wir. Es ist erst 14:30 Uhr. Sollen wir bleiben oder weiterfahren? Statt lange Weiterüberlegen, nehmen wir unser Satellitengerät Garmin inReach hervor. Mit dem können wir eine simple aktuelle Wettervorhersage abrufen. Nun wissen wir, dass es in der Nacht Gewitter geben kann und Morgen ist wieder strahlender Sonnenschein vorausgesagt. Ok, die Entscheidung ist gefallen. Wir bleiben und sitzen das stürmische Wetter aus und nehmen uns für Morgen 280 km vor. Ob wir das bei den bolivianischen Strassenverhältnissen schaffen?
Die Nacht war entspannt. Donnergrollen haben wir gehört, doch das Gewitter ist vorbeigezogen. Wir haben lediglich starken Wind abgekriegt. Die ersten Kilometer legen wir auf einer gut ausgebauten zweispurigen Teerstrasse zurück. Doch wie wir in Bolivien gelernt haben, kann eine Teerstrasse abrupt enden. Genauso ist es diesmal auch wieder. Von super Strasse geht es plötzlich auf einer holprigen Schotterpiste weiter. Es wird kurviger und dann geht es den Pass hoch. Auch wenn die krass wechselnden Strassenverhältnisse anstrengend sind, geniessen wir genau diese Abwechslung. Denn so bleibt das Reisen spannend. Kein Tag ist wie der andere und wir wissen nicht genau, was im nächsten Moment passiert.
Mit den Strassen geht es den ganzen Tag so weiter. Ab und zu kommen wir an kleineren Ortschaften vorbei, doch keine ist so sehenswert, dass wir diese erwähnen müssten.
Santa Cruz de la Sierra – Wir lassen die grösste Stadt Boliviens links liegen
Wir lassen die Berge hinter uns und kommen wieder ins Tiefland von Bolivien. Nun steuern wir Santa Cruz, die grösste Stadt Boliviens, an. Viele Sehenswürdigkeiten bietet die Millionenstadt nicht. Eine Kirche und die zentrale Plaza im Zentrum sind die Hauptattraktionen, wie unsere Recherche ergibt. Es ist Samstag und der Verkehr wird immer dichter und hektischer, je näher wir dem Zentrum kommen. Lust auf eine Grossstadt haben wir nicht. Deshalb, Mut zur Lücke. Wir lassen Santa Cruz links liegen.
Die Stadt können wir auf der Ringstrasse super umfahren. Auf dem Weg zum Camp am Rio Grande stoppen wir beim Hipermaxi, einem grossen Einkaufszentrum. Im Foodcourt gönnen wir uns eine grosse Portion Reis, Noodles und Chicken. Gestärkt fahren wir nach Cotoca. Im Reiseführer steht es sei eine hübsche Kolonialstadt und ein Pilgerort. Die zentrale Plaza und die Kirche sind schön, doch sonst ist der Ort nicht besonders sehenswert. Einfach eine weitere bolivianische Stadt.
Die Jesuitenmission von San Jose ist ein Highlight im Tiefland von Bolivien
An den Strassen durch Bolivien gibt es regelmässig Kontrollen von Polizei und Militär. Meistens laufen diese entspannt ab, denn wir wissen inzwischen, was die Beamten wissen wollen. Wohin wir fahren? Woher wir kommen? Unsere Papiere wollen sie sehen und schon können wir weiterfahren. Was uns auffällt ist, dass wir von Polizisten auch gewarnt werden, ausser an Mautstellen niemals etwas zu bezahlen. Durch Bolivien reisen ist gratis. Es wird etwas gemacht im Kampf gegen die Korruption.
Gegen Mittag erreichen wir San Jose, wo wir uns die Kirche der Jesuitenmission ansehen wollen. Leider ist sie geschlossen. Auch Abwarten bringt nichts, denn unser zweite Versuch am Nachmittag scheitert.
Wir spazieren um die Plaza und erkundigen uns nach den Öffnungszeiten. Die Antwort: „Später.“ Wir fragen erneut: „Wann später.“ „Na, einfach später.“ Das kann vieles heissen. Vielleicht öffnet die Kirche in 10 Minuten die Tore, vielleicht auch erst abends um 18 oder 19 Uhr.
Die markante Felsnadel Torre de David und das Santuario Marino del Torre bei Chochis
Knapp 100 km westlich befindet sich unser nächstes Ziel beim kleinen Ort Chochis. Das Santuario Mariano de la Torre liegt am Fusse der eindrücklichen roten Felsnadel. Der markante Fels ist bereits von der Hauptstrasse aus sichtbar.
Zuerst schauen wir uns die Kirche mit den schönen Schnitzereien an. Anschliessend wandern wir um den Fels herum und werden von einer schwarzen Riesenwespe angegriffen. Wir werden beide gestochen von den fiesen Biestern. Selten haben wir so aggressive und schnelle Wespen gesehen. Da Reni auf Bienenstiche allergisch reagiert, nimmt sie zur Sicherheit sofort eine Antihistamin Tablette. Marcel versucht es ohne. Es juckt zwar, doch bei den Einstichen schwillt es nur leicht an. Glück gehabt.
Auf dem Weg aufs Klo werden wir dann noch von einem aggressivem Hund angegriffen. Marcel hält ihn mit einem Holzstock und seiner bestimmten, lauten Stimme in Schach. Ufff… hoffentlich wars das mit tierischen Begegnungen. Uns fällt auf, dass die Hunde in Bolivien vom Charakter her ganz anders sind als die in Argentinien, Chile und Uruguay. Dort haben wir während unserer gesamten Reise noch nie negative Erfahrungen mit streunenden Hunden gemacht.
Der Aussichtspunkt beim Valle de Tucabaca bietet grandiose Aussichten ins Pantanal
Die Gewitterwolken haben sich verzogen und ein klarer Himmel begrüsst uns. Wir nehmen es gemütlich und entscheiden am Mittag, ob wir noch weiter westlich fahren oder uns langsam auf den Weg zurück nach San Ignacio machen.
Bei der Gedenkstätte finden wir einen super Schattenplatz, wo wir den Vormittag mit Reiseplanung, lesen und Video schneiden verbringen. Ein paar lokale Touristen verirren sich zum Santuario Marino del Torre, doch sonst ist es extrem ruhig. Dank schönem Wetter können wir auch den Torre de David gut fotografieren.
Gegen Mittag ziehen immer mehr Wolken auf. Ob nun das erwartete Gewitter kommt? Wir tun uns gerade etwas schwer mit der Entscheidung, ob wir noch zum Valle Tucabaca fahren sollen oder nicht. Doch wir haben genug Zeit und die Aussicht aufs Wandern in der Natur reizt uns. Also fahren wir am Nachmittag doch noch etwas weiter Richtung Osten. Wir befinden uns nun wieder am Rande des Pantanal.
Rund 60 km weiter östlich erreichen wir Robore, wo wir zum Valle Tucabaca abbiegen. Die ersten 30 km ist die Strecke eher langweilig und mit der grauen Wolkendecke wirkt die Landschaft trist. Doch plötzlich sehen wir Bergketten, die uns beeindrucken. Wir sind überzeugt, dass sich der Abstecher lohnt. Als wir am späten Nachmittag den Parkplatz beim Wanderweg erreichen, sind wir froh hier zu sein. Denn wenn die Wettervorhersage stimmt, erwartet uns morgen klares Wetter. Perfekt zum Wandern.
Obwohl wir direkt neben der Strasse campen, ist es erstaunlich ruhig. Die Sonne begrüsst uns am Morgen und wir sind voller Energie für eine Wanderung. Endlich wieder einmal etwas mehr Bewegung als nur ein paarmal ums Auto spazieren. Es geht durchs Dickicht steil aufwärts und bald erreichen wir den ersten Aussichtspunkt. Wir lieben es, wenn wir Weitsicht haben. Und der erste Mirador ist nur der Anfang.
Insgesamt wandern wir etwa 5 km und erhalten superschöne Aussichten auf die Umgebung. In die eine Richtung blicken wir auf das Pantanal. Wir geniessen das Wandern in vollen Zügen und sind vor der grossen Hitze zurück bei Taku. Nun fahren wir zurück nach San Jose, wo wir ein letztes Mal versuchen uns die Kirche anzusehen. Doch wieder haben wir Pech. Sie öffnet erst um 16 Uhr. So lange wollen wir nicht warten.
In San Jose versuchen wir auch nochmals Diesel zu tanken. Leider erfolglos. „No hay Diesel.“ Beide Tankstellen, die wir anfahren, haben keinen Diesel, weil es wieder irgendwo Strassenblockaden gibt. Zum Glück haben wir einen Doppel-Dieseltank, sodass wir im Notfall sogar bis Brasilien kommen.
Das Valle de La Luna ist eine weitere Sehenswürdigkeit bei San Jose in Bolivien
Ausserhalb von San Jose finden wir beim Valle de la Luna einen super Platz zum Campen. Wir geniessen die tolle Aussicht über die Landschaft unter einem schattenspendenden Baum und da der Platz sehr abgelegen ist können wir auch Duschen. Bis spät in die Nacht sitzen wir draussen und geniessen die angenehme Temperatur. Es ist schon länger her, dass wir so entspannt draussen sitzen konnten ohne Stechmücken oder sonstigen Krabbeltieren.
Der Platz oberhalb des Valle de Luna stellt sich als Glücksfall raus. Denn so gut haben wir schon lange nicht mehr geschlafen. Nach dem Frühstück mit Aussicht fahren wir nun definitiv das letzte Mal durch San Jose. Der allerallerletzte Versuch die Kirche anzuschauen scheitert, genauso wie das Tanken. Es gibt auch heute kein Diesel.
Die Jesuitenmission in San Rafael ist eine Sehenswürdigkeit im Tiefland von Bolivien
Nächste Destination: San Rafael. Dort sehen wir uns eine weitere Kirche einer Jesuitenmission an. Wir finden eine offene Tür und treten ein. Uns gefallen die Malereien in dieser Kirche besonders gut.
Als wir zurück zum Camper spazieren, begrüsst uns ein Motorradfahrer auf Englisch. Er ist Engländer und tourt seit mehreren Jahren mit seiner Frau auf einer Triumph (Motorrad) durch die Welt. Wir quatschen eine Weile und stellen fest, dass wir beide schon länger keine anderen Overlander mehr getroffen haben. Nach spannendem Austausch von Reiseerlebnissen verabschieden wir uns und fahren weiter.
Die Jesuitenmission in San Miguel ist eine weitere Sehenswürdigkeit im Tiefland von Bolivien
Auf dem Weg nach San Ignacio stoppen wir nochmals, um uns eine Kirche anzusehen. Diesmal ist es die Iglesia in San Miguel, eine der Jesuitenmissionen in der Region Chiquitos. Wir können zwar nicht ins Innere der Kirche, da diese verschlossen ist, und auftreiben können wir auch niemanden, der uns Zugang verschaffen könnte. Doch das ist egal. Wir haben ja schon etliche andere Kirchen bewundern dürfen.
In San Ignacio de Velasco schliesst sich der Kreis unserer Fahrt durch das Tiefland von Bolivien
Die letzte Station für die nächsten Tage ist San Ignacio de Velasco, da wo wir unsere Reise durch das tropische Tiefland Boliviens gestartet haben. Wir campen wieder bei Ruedi und Mirjam in der Wäscherei und geniessen vier heisse Tage in San Ignacio de Velasco. Auf unserer To-do-Liste können wir einiges abhaken, doch alles schaffen wir nicht. Es ist einfach zu heiss, sodass unsere Körper und unsere Hirnzellen nur auf Halbmast laufen. Doch die Zeit an einem Ort zu sein und abends mal auswärts essen zu gehen, tut unglaublich gut. Nun sind wir wieder bereit für Brasilien.
Nach entspannten Tagen in San Ignacio verabschieden wir uns von Ruedi und seiner Familie. Schön war’s auch beim zweiten Mal. Wir haben die Gesellschaft der Familie und der Tiere (Hund Luna und Katze Rita) total genossen. Doch für uns ist Zeit weiterzuziehen. Unser Bolivien Visum läuft nämlich in zwei Tagen ab. Mit der Hilfe von Ruedi tanken wir ein letztes Mal Diesel in Bolivien. Aus einem 40 L Fass wird bei einem Hinterhof unser Tank mit Diesel befüllt. Nun steht der Fahrt zurück nach Brasilien nichts mehr im Weg.
Vom bolivianischen Tiefland über die Grenze zurück nach Brasilien
Die knapp 300 km auf roter Schotterstrasse bis San Matias kennen wir ja bereits. Doch diesmal ist die Piste in viel schlechterem Zustand als noch vor vier Wochen. Wellblech ohne Ende. Zum Glück nicht konstant, doch auch die teils kurzen Abschnitte rauben uns den letzten Nerv. Tief einatmen und ausatmen, auf 100 zählen und so lässt sich das Geholper besser ertragen.
Zwischen San Ignacio und San Matias gibt es etliche Checkpoints des Militärs. Meist sind die Soldaten blutjunge Typen, die unsere Daten in ein grosses Buch schreiben. Was mit den Informationen wohl passiert? Werden sie tatsächlich gebraucht und gemeldet oder ist das einfach eine Beschäftigungstherapie? Wie auch immer, Hauptsache wir dürfen weiterfahren.
Als wir den Stellplatz an einer künstlichen Lagune kurz vor San Matias an der Grenze zu Brasilien erreichen, ist die Sonne schon sehr nah am Horizont. Wir schaffen es gerade noch vor der Moskitoattacke zu kochen. Doch mitten im Essen müssen wir in den Camper flüchten. Schwärme von Stechmücken schwirren uns um den Kopf als die Dämmerung einsetzt.
Im Fahrzeug drinnen ist das Klima wie in einer Sauna. Doch lieber schwitzen als gestochen werden. So sitzen wir beide in Unterwäsche da, mit Schweissperlen auf der Stirn und einer Schüssel Reis in der Hand. In dem Moment haben wir einen Flashback an die Moskitohölle in Oregon vor einem Jahr. Damals, als wir auf dem PCT sogar mittags das Zelt aufgestellt haben, um wenigstens unsere Mittagspause moskitofrei geniessen zu können. Oder als wir bei brütender Hitze mit voller Regenmontur gewandert sind, um Mückenstiche zu vermeiden. Da haben wir jetzt ja richtigen Luxus.
Der Grenzübertritt von Bolivien nach Brasilien ist problemlos
Montag ist Arbeitstag. Wir nennen es einfach mal so, weil wir heute den Grenzübertritt von Bolivien nach Brasilien vor uns haben. In vier Büros müssen wir vorbei und das dauert meistens seine Zeit. Der erste Behördengang des Tages ist bei der Migracion in San Matias in Bolivien. Dort müssen wir den Pass abstempeln lassen, sodass unsere Ausreise bestätigt ist. Am Schalter sitzt dieselbe Beamtin wie vor vier Wochen. Doch diesmal ist sie ein winzig kleines bisschen weniger grimmig als damals. Sie ringt sich ein knappes Lächeln ab und fragt sogar, welche Orte wir in Bolivien besucht haben.
Als nächstes müssen wir beim Zoll vorbei, der rund 3 km weit entfernt liegt. Bei der Aduana erwartet uns, wie bei der Einreise, das komplette Gegenteil. Eine superfreundliche Zollbeamtin begrüsst uns. Sie erklärt uns, welches Formular wir online ausfüllen müssen, tippt irgendwas im Computer ein und nimmt die temporäre Importbewilligung entgegen. Nun steht unserer Weiterreise nichts mehr im Weg. Bis zur Grenze sind es weitere 10 km, wo eine letzte Militärkontrolle Boliviens erfolgt. Bam, und nun sind wir wieder auf asphaltierter Strasse.
Welcome to Brasil!
Die Einreiseformalitäten für Brasilien erfolgen in zwei Büros in Caseres, die nächstgrössere Stadt. So fahren wir 100 km durch Brasilien, ohne einen offiziellen Stempel im Pass. Wir kennen die beiden Büros von der Ausreise vor einem Monat. Bei der Policia Federal legen wir unsere Pässe vor und erhalten den Einreisestempel. Leider kriegen wir nur 70 Tage. Wir haben auf 90 Tage Aufenthaltsdauer gehofft. Dann muss diese Zeit einfach reichen für unsere Tour durch Brasilien.
Wir schaffen es noch vor der Mittagspause auch die temporäre Importbewilligung für Taku zu kriegen. Im Moment rollt gerade eine Hitzewelle über diesen Teil von Brasilien. Bei 43 Grad verbringen wir deshalb den Rest des Tages und den Abend in der Churrasceria bei der Tankstelle. Dort können wir der Hitze etwas entkommen. Als wir spätabends zu Bett gehen, ist unser Camper noch immer aufgeheizt. Wir liegen wie tote Fliegen im Bett. Doch irgendwann hören wir die schnurrenden Motoren der LKW’s neben uns nicht mehr und dösen weg.
Tipps für eine entspannte Reise
Reisekrankenversicherung
Eine Reiseversicherung ist für uns im Ausland nicht wegzudenken. Seit vielen Jahren sind wir bei World Nomads versichert und das gibt uns ein gutes Gefühl. Denn passieren kann immer etwas. Weitere Informationen findest du auf der offiziellen Webseite von World Nomads: Offerte anfragen
DKB Kreditkarte
In Bolivien ist das Bezahlen mit einer Debitkarte oder Kreditkarte weit verbreitet. Kennst du die DKB? Die Internetbank bietet ein kostenloses Girokonto mit einer kostenlosen Visa Debitkarte an. Eine zusätzliche Kreditkarte ist kostenpflichtig.
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SIM Karte und Datenpaket für dein Mobiltelefon
In Südamerika kannst du dir praktisch an jedem Kiosk oder Tankstelle eine SIM-Karte und Datenpakete kaufen. Falls du ein Smartphone mit eSIM (digitale SIM-Karte) hast, kannst du eine eSIM von Airalo verwenden. Wir haben als Backup Airalo aktiviert. Diese Lösung hat sich für uns voll und ganz bewährt. Ist dein Mobiltelefon eSIM tauglich können wir dir Airalo wärmstens empfehlen. Hier findest du mehr zu den Produkten von Airalo
Airalo bietet eSIM Lösungen für über 200 Länder und Regionen, aber auch weltweite Datenpakete an. Als Backup haben wir immer eine eSIM mit weltweiter Abdeckung mit dabei. Das Datenpacket mit 1 GB ist für 7 Tage gültig und kostet nur gerade USD 9. So haben wir bereits bei Ankunft in einem neuen Land mobile Daten und können dann entweder noch eine lokale SIM Karte organisieren oder mehr Daten dazu kaufen.
Reiseführer für Bolivien
Zur Vorbereitung und als Infoquelle für unterwegs kaufen wir uns im Normalfall einen Reiseführer. Digital oder in Papierform ist ein Reiseführer für uns noch immer unverzichtbar. Klick auf den Link, um dir dein persönliches Exemplar zu kaufen.
- Bolivien Kompakt von Reise Know How – Taschenbuch, neuste Ausgabe Juni 2023
- Bolivia von Lonely Planet – Taschenbuch in Englisch, Ausgabe Juni 2019
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Was ihr eimol me erläbt händ isch mega spannend gsi zum läse und die viele schöne Föteli chöne bestune.
Äs riese Kompliment für euri vieli Schriebarbet, das isch würkli idrücklich wien ihr die Bricht immer verfassed und üs so teilha lönd an eure Erläbnis. Eimol me es härzlichs Danke.
Danke vielmol für dini liebe Wort. Das freut üs riesig, dass dir üsi Bricht gfalled und mir eu so a üsne Reise chönnd teilhaloh. S’Tiefland von Bolivien würd eu bestimmt au gfalle. Als nöchschts gits wiiteri Bricht vo üserne Erläbnis in Brasilie.
Ganz liebi Grüess und bis bald, Reni und Marcel