Ein Carretera Austral Roadtrip in Chile steht auf der Wunschliste vieler Reisenden. Die Traumstrasse durch den tiefen Süden von Chile wird von Fahrradfahrern, Motorradfahrern aber auch Offroadern, Campern und Overlandern befahren. Sowohl Einheimische als auch ausländische Touristen sind begeistert von der grandiosen Landschaft und der wilden Natur entlang der Carretera Austral. Die Ruta CH-7, wie die 1’350 Kilometer lange Strecke durch Patagonien offiziell genannt wird, schlängelt sich durch die zerklüftete, raue Landschaft im Süden von Chile.
Während die legendäre Panamerica über Argentinien und Feuerland bis zum südlichen Ende der Traumstrasse in Ushuaia führt, verläuft die Carretera Austral von Puerto Montt durch die unwegsame Gegend des Südens von Chile bis nach Villa O’Higgins und noch ein kleines Stück weiter bis zur Bucht Bahamondez am Lago O’Higgins. Die Landschaft in diesem Teil Chiles ist geprägt von zerklüfteten Fjorden, steilen Felswänden und dichtem Regenwald. Kein Wunder ist dieser Teil von Chile kaum besiedelt und wenig erschlossen.
Die Carretera Austral ist ein Kind der Militärdiktatur von Pinochet. Denn mit dem Bau der Strasse wurde im Jahr 1976 mit Unmengen von Soldaten begonnen. Der Bau der Strasse erwies sich als äusserst schwierig und aufwändig. Die bis anhin nur per Schiff oder Flugzeug erreichbare Gegend ist gebirgig und von dichtem Wald überzogen. Eine durchgehende Strasse zu bauen ist unmöglich mit all den Fjorden, Gletschern und Gebirgszügen. So mussten Teile der Strecke mit Fährverbindungen durch die Fjorde überbrückt werden.
Von Arica, der nördlichsten Stadt von Chile sind wir durch den Grossen Norden und den Kleinen Norden von Chile gefahren, haben in Zentralchile die Grosstädte Valparaiso und Santiago de Chile besucht und auch eine Woche Urlaub auf der Osterinsel verbracht. Auf dem Festland ging es weiter durch den Kleinen Süden von Chile und auf die Insel Chiloé mit den sehenswerten Holzkirchen, die zum UNESCO Weltkulturerbe gehören. Nun geht unser Chile Roadtrip weiter entlang der Carretera Austral.
Puerto Montt ist der nördliche Ausgangspunkt unseres Carretera Austral Roadtrips
Nachdem wir mit der Fähre von Chacao auf Chiloé wieder das Festland von Chile erreichen, fahren wir nach Puerto Montt. In Puerto Montt heisst es einkaufen, tanken und das Ticket für die Fähre von Hornopiren nach Galeta Gonzalo buchen. Bis 14 Uhr haben wir alles erledigt und diesmal klappt es auch mit der Buchung. Nun steht unserer Reise auf der Carretera Austral nichts mehr im Weg. So schön. Vor drei Jahren mussten wir wegen der Pandemie unsere Reise auf der Carretera Austral abrupt beenden. Nun möchten wir den Kreis schliessen. Diesmal wird es uns bestimmt gelingen.
Von Puerto Montt fahren wir nun auf der Ruta 7 – der Carretera Austral – bis La Arena, nehmen dort die Fähre nach Caleta Puelche. Die Strasse um den Fjord Reloncavi wäre in riesiger Umweg. Weiter geht es nun bis Hornopiren, wo wir zum dritten Mal in einem Tag mit der Fähre fahren. Wir erreichen den Hafen Hornopiren um 17 Uhr, die Abfahrtszeit ist jedoch erst um 19 Uhr. Wir haben also noch viel Zeit.
Unterkunft in Puerto Montt
Hotel Don Luis Puerto Montt – Zentrale Lage. Zimmer mit eigenem Bad. Inkl. Frühstück. Gutes 4-Sterne-Hotel mit Fitnessraum und Restaurant.
Fahrt mit der Nachtfähre von Hornopiren bis Caleta Gonzalo
Es gibt zurzeit zwei Fähren pro Tag. Eine während dem Tag und eine in der Nacht. Sehr gerne wären wir mit der Tagesfähre gefahren, dann hätten wir die vorbeiziehende Landschaft geniessen können. Doch die Tagesfähren sind leider bereits für einige Tage ausgebucht. Dies Fähre ist die einzige Möglichkeit weiter entlang der Carretera Austral zu fahren, denn es gibt keine Strasse durch die von Fjorden zerklüftete Landschaft Richtung Süden.
Wir gönnen uns im Café Faro einen Kaffee und ein Stück Apfelkuchen. Später setzen wir uns ans Wasser und so vergeht die Zeit wie im Flug. Die Fähre hat eine knappe Stunde Verspätung, doch es klappt alles prima. Nun stehen uns etwa fünf Stunden auf dem Schiff bevor. Bei der Abfahrt geniessen wir die Abendstimmung und verkriechen uns dann in den Camper. Ein paar Stunden Schlaf tun gut nach so einem erfüllten Tag. Um 3:30 Uhr landen wir in Caleta Gonzalo an, fahren von der Fähre und stellen uns ein paar Meter weiter an die Strasse. Jetzt schlafen wir zuerst mal noch ein paar Stunden.
Der Platz gleich nach der Anlegestelle der Fähre in Caleta Gonzalo stellt sich als prima Schlafplatz heraus. Obwohl wir direkt an der Strasse parken, schlafen wir wie Babies. Denn kaum ist die Fähre wieder beladen und abgefahren, ist es mucksmäuschenstill. Wir schlafen fünf Stunden und fühlen uns total erholt, als wir um neun Uhr aufstehen.
Fahrt entlang der Carretera Austral durch den Pumalin Nationalpark
Das Informationsbüro des Pumalin Nationalparks befindet sich gleich neben unserem Schlaf-Parkplatz. Doch leider sieht es verlassen aus. Ein Guardaparuqe, der gerade Müll aufsammelt, spricht uns auf Englisch an und erklärt uns, dass das Infobüro im Moment geschlossen ist. Er informiert uns über die möglichen Wanderungen im Park. So fahren wir als erstes zum Sendero Tronador. Dort wandern wir zum ersten Aussichtspunkt, wo wir auf einen kleinen Wasserfall treffen. Der Wanderweg führt noch weiter, doch da die Bewertungen für den Rest des Trails auf iOverlander ziemlich schlecht ausfallen, kehren wir beim Wasserfall um.
Als nächstes stoppen wir beim Parkplatz, wo der Sendero Alerce startet. Die Rundwanderung dauert etwa 40 Minuten und führt durch üppigen Wald. Das besondere auf diesem Wanderweg sind die riesigen Alerce Bäume.
Nur wenige Kilometer weiter startet der Sendero Cascadas Escondidas. Wir wandern zuerst zu den unteren Wasserfällen, den Cascadas Bajas. Allein die sind schon eindrücklich. Der Weg zum Fuss des Wasserfalls ist nicht ohne. Es geht sehr steil auf rutschigen Leitern und Stufen hinunter. Für unseren Geschmack sehr spannend. Als wir bei den Wasserfällen ankommen, staunen wir nicht schlecht. Die Cascadas sind wirklich sehr eindrücklich. Zu den oberen Wasserfällen steht uns ein weiterer steiler Aufstieg bevor. Doch auch da werden wir für die Anstrengung belohnt.
Zurück bei Taku ist bereits Zeit für die Mittagspause. Energie tanken für die nächste Wanderung. Da das Wetter gemäss Wetterprognose bald umschlägt, fahren wir weiter. Die Zeit reicht, um noch den Sendero El Volcan zu wandern. Für die 4.4 km müssen wir 2 1/2 Stunden rechnen. Es erwartet uns ein steiler Aufstieg, denn auf 2.2 km sind über 600 Höhenmeter zu überwinden. Na dann, los geht’s.
Der Wanderweg ist gut ausgebaut, zumindest auf den ersten Kilometern. Doch je höher wir kommen, desto schlechter wird der Trail. Am Unterhalt der Wanderwege hapert es in Chile massiv. Klar, die Wanderwege sind begehbar, doch was wir sehen ist, dass viele Angestellte an den Kontrollhäuschen stehen, doch keiner kümmert sich um die Pflege der Wanderwege. Schade.
So, genug kritisiert. Schliesslich sind wir hier, um die Natur zu geniessen. Der Aufstieg zum Vulkan ist happig. Es geht steil und steiler aufwärts. Als wir nach 1.5 Stunden den Kraterrand erreichen, sind wir überglücklich. Die Aussicht ist gewaltig, vor allem weil der Vulkan noch aktiv ist. Wir sehen Rauchwolken aufsteigen. Hoffentlich bleibt der Vulkan diese Nacht noch ruhig.
Nachdem wir den steilen Abstieg über das lose Geröll gemeistert haben, fahren wir weiter entlang der Carretera Austral bis zum Playa Santa Barbara kurz vor dem kleinen Ort Chaiten. Hier finden wir einen schönen Schlafplatz am Meer. Es ist zwar superwindig, doch bei dieser wunderbaren Aussicht können wir nicht Nein sagen.
Der südliche Teil des Pumalin Nationalpark an der Carretera Austral
Wir haben so tief und fest geschlafen, dass wir unsere Campnachbarn nicht mal beim Wegfahren gehört haben. Na dann, zuerst mal Kaffee und ein Stück Brot mit Nutella. Das Wetter hat leider umgeschlagen. Eine graue Wolkendecke hängt über uns. Als wir Chaiten erreichen und die Berge sehen, die in Nebel gehüllt sind, entscheiden wir uns für eine zweite Kaffeepause. Wir finden ein gemütliches Café und geniessen es auf einem gemütlichen Sofa zu sitzen.
Zwei Stunden später raffen wir uns auf und fahren weiter. Schliesslich wollen wir noch den zweiten Teil des Pumalin Nationalparks anschauen. Als wir den südlichen Eingang erreichen, stehen wir vor geschlossenen Schranken. Wir befürchten schon, dass dieser Teil des Nationalparks geschlossen ist. Reni informiert sich im Büro und erfährt, dass wir uns registrieren müssen und dann in den Park reinfahren können. Campen ist im Park möglich und erst noch kostenlos.
Nachdem wir uns registriert haben, fahren wir zum Camping Grande. Wir lassen Taku stehen und wandern los zum Aussichtspunkt Mirador Glaciar. Die Rundwanderung dauert rund 3 Stunden, die Hälfte davon geht es aufwärts. Der Weg ist gut ausgebaut und wir geniessen es zu Fuss in der Natur unterwegs zu sein. Nach rund 90 Minuten erreichen wir den Aussichtspunkt, wo wir den Gletscher in weiter Ferne sehen.
Kurz vor 16 Uhr sind wir zurück auf dem Camp des Pumalin Nationalparks. Statt dass es nun anfängt zu regnen, so wie es gemäss Wettervorhersage angesagt war, klart es auf. Genial. So können wir sogar bei Sonnenschein duschen. Wir kochen Wasser, füllen es in eine PET-Flasche und geniessen die warme Dusche unter freiem Himmel.
Das Wetter wird je länger, je schöner, sodass wir sogar draussen kochen und essen können. So schön. Nun sind wir gespannt, was uns die nächsten Tage erwartet. Es soll bald viel Regen geben. Am nächsten Morgen ist es zwar noch trocken, doch der Himmel ist wolkenverhangen. Auch die umliegenden Berge sind in Nebel gehüllt. Was sind wir froh, dass wir gestern noch wandern waren.
Die Wanderung zum Ventisquero Yelcho im Corcovado Nationalpark
Weiter geht es auf der Carretera Austral. Auf dem Weg in den Süden überqueren wir wieder etliche Brücken und fahren durch üppig grüne Landschaft. Gerne würden wir noch die kurze Wanderung zum Ventisquero Yelcho im Corcovado Nationalpark machen. Doch als wir den Parkplatz erreichen, regnet es in Strömen und die Landschaft ist in tiefhängende Wolken gehüllt. Wir können uns nicht aufraffen bei dem Wetter loszuwandern. Zu klein ist unsere Motivation die sechs Kilometer lange Wanderung in Angriff zu nehmen. Wahrscheinlich würden wir von dem hängenden Gletscher wegen der Wolken sowieso nichts sehen. Wir entscheiden uns fürs Weiterfahren. Bis zur Mittagspause regnet es den ganzen Morgen. Doch beim Fahren stört uns das nicht. Einzig die Aussicht ist nicht so berauschend.
Um 12:30 Uhr erreichen wir die Ortschaft La Junta, wo wir im Restaurant Mi Casita de Te essen gehen. Wir geniessen es sehr bei den kühlen Temperaturen etwas Warmes zu essen und nicht bei Regen im Camper zu sitzen. Auch am Nachmittag bessert das Wetter nicht, im Gegenteil. Die Carretera Austral ist inzwischen grösstenteils geteert, doch es gibt auch immer wieder unbefestigte Abschnitte. Ein Stück davon ist sehr kurvenreich und führt über einen Pass. Es fühlt sich an, als ob wir durch einen Dschungel fahren. Es regnet stark und wir sind froh, im Auto zu sitzen. Plötzlich spaziert uns eine ältere Frau entgegen. Was macht sie denn hier? Ah, sie gehört zum Rotel Tours Bus, an dem wir gleich vorbeifahren. Wer Rotel Tours nicht kennt, das ist quasi ein rollendes Hotel. Eine günstige und bequeme Alternative für einen Carretera Austral Roadtrip.
Schlafplatz entlang der Carretera Austral am Rio Mañihuales
Zum Glück lässt am Nachmittag der Regen etwas nach und wir sehen sogar kleine, blaue Fetzen am Himmel. Wir freuen uns über die Aufhellungen. Ganz kurz beleuchtet die Sonne sogar die Berge. Kurz nach 17 Uhr finden wir am Rio Mañihuales einen Platz zum Übernachten. Es ist noch immer wolkig und kühl, doch immerhin regnet es nicht mehr. Wir können draussen kochen, doch essen ist drinnen gemütlicher.
Es ist der letzte Tag des Jahres. Fühlt sich gerade sehr komisch an. Ist tatsächlich bereits wieder ein ganzes Jahr vergangen? Wir blicken zurück und können kaum fassen, was alles passiert ist. Wir sind sehr dankbar für alles, was wir erleben durften. Selbstverständlich ist es nicht. Wir haben vom Tod eines ehemaligen Tauchkollegen erfahren und auch Freunde, sowie nahe Bekannte haben ein schwieriges Jahr hinter sich. Das stimmt uns nachdenklich und traurig. Doch es bestätigt uns auch darin, dass wir das Richtige tun. Das Leben zu leben und zu geniessen, solange wir es können. Andererseits fragen wir uns: Ist das egoistisch?
Während wir diese Zeilen schreiben, sind wir am Flüge suchen für den nächsten Heimaturlaub. Wir merken, dass wir dringend wieder einmal zurück in die Heimat reisen wollen. Familie und Freunde fehlen uns. Auch wenn wir per WhatsApp oder E-Mail regelmässig in Kontakt sind, es ist nicht das Gleiche. Gerade um den Jahreswechsel ist es doch sehr speziell weit weg von daheim zu sein.
Silvester und Neujahr im Camping Torres del Simpson
Nur eine knappe Stunde sind wir heute Morgen entlang der Carretera Austral durch den strömenden Regen gefahren. Bereits vor dem Mittag sind wir beim Camping Las Torres del Simpson eingetroffen. Wir sind die einzigen Camper bei Sandra und Nacho und haben den ganzen Campingplatz mit Aufenthaltsraum für uns. Wir haben entschieden, Silvester auf dem Camping zu verbringen. Es regnet heftig und es ist kalt. Eine Wetterbesserung ist nicht in Sicht. So sind wir froh, dass wir im grossen Aufenthaltsraum mit Feuerstelle und Küche sitzen können. Eigentlich haben wir erwartet, dass an Weihnachten und Neujahr auf dem Camping die Hölle los ist. Doch da haben wir uns komplett getäuscht. Wir sind die Einzigen auf dem Platz.
Wir haben uns schon darauf eingestellt, dass wir zu zweit ins neue Jahr feiern. Doch die Familie von Sandra und Nacho hat beschlossen, dass wir nicht allein Silvester feiern können. Bis 22 Uhr grillen wir, trinken Bier und Wein, essen leckeres Fleisch mit Salat und Brot. Punkt 24:00 Uhr stossen wir mit einem lokalen Apfelwein auf das neue Jahr an. Ein weiteres Jahr ist Geschichte und wir sind um 365 Tage reicher an Erlebnissen.
Den ersten Tag des Jahres verbringen wir wieder in guter Gesellschaft und kommen in den Genuss eines traditionellen Essens. Am Neujahrstag ein Cordero – ein ganzes Lamm – am offenen Feuer zu grillen, ist in Patagonien eine Tradition. Das komplette Lamm wird an einem Metallspiess aufgespannt und während mehreren Stunden am offenen Feuer gegrillt. Zwischendurch wird das Cordero mit einer Marinade bepinselt. Der Anblick ist ungewöhnlich, doch das Fleisch zum Essen ist unglaublich zart und knusprig.
Unser Carretera Austral Roadtrip ins neue Jahr
Nach zwei Tagen auf dem Camping Las Torres del Simpson ist es Zeit weiterzureisen. Vor allem auch, weil das Wetter schlecht bleiben soll. Warten auf schöneres Wetter nützt also nichts. Weiter im Süden könnte es gemäss Wettervorhersage besser sein. Wir verabschieden uns von Sandra und Nacho und fahren entlang der Carretera Austral Richtung Süden nach Coyhaique. Es ist der 2. Januar und bis auf den Unimarc haben alle Geschäfte im Ort geschlossen. Kein Wunder ist im Unimarc so viel los. Es scheint, als ob die gesamte Stadt am Einkaufen ist.
Wir brauchen nur Brot und fahren anschliessend zur Tankstelle. Die Dieseltanks sind schnell gefüllt, sodass wir bald wieder auf der Carretera Austral Richtung Süden weiterfahren können.
Camping am schönen Rio Blanco an der Carretera Austral in Chile
Bei El Blanco, einem kleinen Ort entlang der Carretera, finden wir am Rio Simpson einen super Platz zum Stehen. Es ist zwar noch früh, doch wir bleiben. Etwas Ruhe tut gut.
Wir erwachen um 9 Uhr und fragen uns, wieso wir bloss 11 Stunden Schlaf brauchen. Schliesslich sind wir doch am Reisen. Scheint, dass unsere Körper mehr Schlaf als sonst brauchen. Wegen der Kälte, dem Wind oder dem unstabilen Wetter?
Die Marmorhöhlen am Lago General Carrera bei Puerto Rio Tranquillo
Unser nächstes Ziel auf dem Carretera Austral Roadtrip ist ein Top-Sehenswürdigkeit jeder Südamerika Reise. Die Marmorhöhlen am Lago General Carrera sind ein Highlight und ein absolutes Muss.
Zuerst ist die Carretera Austral noch geteert, doch sie wechselt bald in eine holprige Kiesstrasse. Das Wetter ist noch immer unbeständig. Wolken, Regen und Aufhellungen wechseln sich ab. Als wir am Strassenrand mehrere Autos stehen sehen, stoppen wir. Ah, da sind Huemuls. Das sind Südandenhirsche. Gespannt beobachten wir die Tiere bis sie im Dickicht verschwinden. In dem Moment als wir losfahren wollen, stoppt uns ein Kamerateam vom chilenischen Fernsehsender Tele 13. Sie fragen uns über unsere Reise durch Chile aus und wollen wissen, wie uns Patagonien gefällt. Ob wir nun im chilenischen Fernsehen kommen?
Am Nachmittag erreichen wir Puerto Rio Tranquillo, wo wir für den kommenden Tag eine Bootstour zu den Marmorhöhlen buchen. Inzwischen kosten die 2.5-stündigen Touren CLP 30’000 pro Person (CHF 33). Doch das ist es uns Wert. Nun hoffen wir auf sonniges Wetter damit die Farben so richtig schön zur Geltung kommen.
Wir setzen uns noch ein bisschen an den See. Es ist superwindig, doch Dank der Sonne ist es nicht allzu kalt. Als wir uns fürs Abendessen in den Camper setzen, sprechen uns drei Frauen an. Es sind zwei junge Frauen, die in Sydney leben und mit ihrer chilenischen Mutter durch Chile reisen. Keine halbe Stunde später spricht uns ein US-Belgisches Paar an. Wir verquatschen uns länger und tauschen Reisegeschichten aus. So haben die touristischen Orte durchaus ihren Reiz.
Zufrieden und voller Vorfreude auf die Tour zu den Marmorhöhlen verkriechen wir uns in den Camper. Was uns in den letzten Tagen unseres Carretera Austral Roadtrips durch das chilenische Patagonien wohl sonst noch erwartet?
Unterkunft in Puerto Rio Tranquillo
Apart Home Costanera – Tolles Hotel an bester Lage. Grosszügige Zimmer mit eigenem Bad und gemütlich eingerichtet.
Bootstour zu den Marmorhöhlen von Puerto Rio Tranquillo
Kurz vor 7 Uhr sind wir wach. Ein kurzes Frühstück und dann geht’s los. Pünktlich um 7:40 Uhr treffen wir bei Marmol Expediciones ein. Dies ist einer der Veranstalter, der Bootstouren zu den Marmorhöhlen anbietet. Am Strand von Puerto Rio Tranquillo gibt es eine ganze Reihe von kleinen Buchungsbüros der Veranstalter. Die Preise unterscheiden sich kaum und die meisten Anbieter haben die gleichen Touren im Programm. Wir kriegen einen Poncho und eine Schwimmweste ausgehändigt. Noch ist der See ruhig, doch starke Winde sind an der Tagesordnung. Egal, denn wir sind gut ausgerüstet, wenn es wellig und nass wird.
Als alle Passagiere da sind, spazieren wir zum Steg. Voller Vorfreude steigen wir in das kleine Motorboot und können es kaum erwarten, die Marmorhöhlen zu sehen. Für uns schliesst sich hier ein Kreis. Denn die Marmorhöhlen waren das nächstes Ziel, bevor uns die Pandemie vor ein paar Jahren zum Abbruch der Südamerikareise gezwungen hat. Deshalb ist es für uns ein spezieller, emotionaler Moment als wir mit dem Boot rausfahren.
Aber nicht nur das. Wir lieben es auf dem Wasser zu sein. Umso mehr geniessen wir die Bootsfahrt. Als erstes fahren wir zu den Schiffswracks bei Puerto Sanchez und anschliessend zu den Marmorhöhlen bei der Isla Panichini. Wir sind das einzige Boot und können uns so richtig Zeit nehmen. Das Wetter ist perfekt. Wenig Wolken, wenig Wind – zumindest im Moment – und angenehme Temperaturen. Wir haben richtig viel Zeit bei den Marmorhöhlen und jeder Gast kann Fotos aufnehmen.
Als nächstes steuern wir die bekannten Marmorhöhlen, die Capilla und die Cathedral von Puerto Rio Tranquillo an. Die kurzen Touren fahren direkt dahin, sodass es dort vermutlich viel mehr Boote hat. Um dorthin zu kommen, müssen wir ein längeres Stück über den offenen See fahren. Inzwischen hat der Wind zugenommen, sodass es uns im kleinen Boot hin und her schaukelt und uns die Gischt ins Gesicht spritzt. Für uns kein Problem. Wir geniessen es sehr auf dem Wasser zu sein.
Bald erreichen wir die Marmorhöhlen, wo wir an mehreren Orten mit dem Boot hineinfahren können. Wir staunen und geniessen. Obwohl wir ständig Fotos machen, legen wir die Kamera und das Handy auch ab und zu weg. Denn es ist uns wichtig, diese Momente im Kopf festzuhalten. Einfach mal ein paar Minuten ohne Smartphone oder Fotoapparat vor dem Gesicht die Wunder der Welt betrachten.
Unser Guide zeigt uns auch immer wieder Steinformationen, die wie eine Schildkröte, ein Hundekopf oder ein Elefantenrüssel aussehen. Die Zeit vergeht schnell und schon sind wir auf dem Weg zurück nach Puerto Rio Tranquillo. Die Marmorhöhlen sind der krönende Abschluss unseres Roadtrips vom Norden bis in den Süden von Chile.
Wundervoller letzter Schlafplatz in Chile am Lago General Carrera
Überglücklich spazieren wir zurück zum Camper, essen am Strand einen Salat und verquatschen uns mit anderen Reisenden. Der Wind hat wieder massiv zugenommen, sodass wir bald unsere Sachen packen und ein bisschen weiterfahren. Auf einem kleinen Kiesplatz vor einer Hängebrücke finden wir den perfekten Schlafplatz. Die Brücke führt über die Verbindung zwischen Lago General Carrera und Lago Bertrand. Genial an dem Platz ist, wir sind windgeschützt und haben trotzdem eine grandiose Aussicht über den See und die Landschaft. Gegen Abend stoppt ein Fahrzeug auf der Strasse. Es sind Catherine und Daryll, die wir bei Puerto Rio Tranquillo kennengelernt haben. Sie entscheiden sich, neben uns die Nacht zu verbringen und so haben wir genügend Zeit unsere Gespräche noch zu vertiefen.
Was gibt es Schöneres, als vom Wellenrauschen des Sees geweckt zu werden. Und dann scheint uns sogar noch die Sonne ins Gesicht. Herrlich! Unsere Campnachbarn Catherine und Daryll sind auch schon wach und wir setzten unser Gespräch vom Vorabend fort. Die Beiden sind auf der gleichen Wellenlänge, obwohl wir teils total unterschiedliche Interessen haben. Trotzdem haben wir unglaublich viel gemeinsam und die gleiche Einstellung bei gewissen Themen. Es fällt uns schwer uns loszureissen. Doch wir wollen heute noch über die Grenze.
Ja, es ist unser letzter Tag in Chile. Wow! Nach fast drei Monaten verlassen wir ein Land, das uns von der Natur her total gut gefallen hat. Doch es gibt auch ein paar Dinge, die wir nicht vermissen werden. Der Müll an den Stränden und entlang der Strasse, die hohen Eintrittspreise für Nationalparks und das Onlinesystem, um überhaupt in die Parks zu kommen, sowie die teils arrogante Art der Chilenen. Wir haben einige nette und gastfreundliche Chilenen kennen gelernt, doch auch die andere Seite erlebt. Wir sind froh, durften wir Chile so intensiv bereisen und näher kennenlernen.
Doch als wir am der Grenze den Ausreisestempel in den Pass gestempelt kriegen, freuen wir uns sehr wieder in Argentinien zu sein. Ganze 87 Tage sind wir nun von Norden nach Süden durch Chile gereist. Vermutlich ist es das letzte Mals, dass wir in diesem Land sind. Deshalb sagen wir Danke für die tollen Erlebnisse und Tschüss.
Der Bericht über unseren Roadtrip entlang der Carretera Austral geht jedoch noch weiter. Wie oben erwähnt, mussten wir wegen der Pandemie die Reise unterbrechen. Lies weiter, wenn du wissen willst, was wir zwischen dem Lago General Carrera und dem tiefen Süden bis Villa O’Higgins erlebt haben.
Vom Lago General Carrera Richtung Süden entlang der Carretera Austral
Weihnachten und Neujahr 2020 waren wir drei Wochen auf einer Antarktis Kreuzfahrt zu den Falklandinseln, Südgeorgien und der Antarktischen Halbinsel. Nach dieser Expedition war unser Plan von Ushuaia, der südlichsten Stadt der Welt, alles Richtung Norden zu fahren. Wir haben das chilenische und argentinische Feuerland erkundet und sind dann von Argentinien über die Grenze nach Chile gefahren. Vom Lago General Carrera sind wir entlang der Carretera Austral zum südlichen Ende dieser legendären Strasse bei Villa O’Higgins gefahren. Auf dem Weg Richtung Norden sind wir dann von der Pandemie überrascht worden und unser Roadtrip entlang der Carretera Austral wurde abrupt beendet. Im nachfolgenden Abschnitt findest du mehr zu den schönsten Orte entlang des südlichen Teils der Carretera Austral.
Entlang des Lago General Carrera von Argentinien nach Chile
Die Fahrt Richtung Norden auf der argentinischen Seite entlang der Grenze zu Chile war sehr schön. Der letzte Übernachtungsplatz am Lago Posadas mit Aussicht auf den Felsbogen im See war die absolute Wucht. Am Südufer des Lago Buenos Aires reisen wir beim Grenzübergang Rio Jeinemeni von Argentinien aus und nach Chile ein. Mit dem Grenzübertritt ändert sich auch der Name des Sees von Lago Buenos Aires zu Lago General Carrera.
Da es schon wieder Mittagszeit ist und wir wieder einmal eine warme Dusche nötig haben, entscheiden wir uns in Chile Chico auf einen Campingplatz zu gehen. Bei der Hosteria de la Patagonia können wir zwischen Bäumen auf einer Wiese unseren Camper abstellen und die Infrastruktur nutzen. Die heisse Dusche tut sehr gut. Danach haben wir etwas Zeit und können das WiFi nutzen. Auch die Hunde und Katzen des Besitzers gesellen sich zu uns und wollen gestreichelt werden.
Unterkunft in Cochrane
Hotel Ultimo Paraiso – Hotel an zentraler Lage in Cochrane. Rustikale Doppelzimmer, mit schönem Garten.
Schlafplatz am Zusammenfluss des Rio Baker und Rio Nef
Auf der spannenden Ruta 265 fahren wir weiter entlang des Lago General Carrera. Die Strasse ist unbefestigt und bietet wunderschöne Aussichten über den See. Am Ende des Lago General Carrera treffen wir auf die Ruta 7, die legendäre Carretera Austral auf der wir unseren Roadtrip durch Chile fortsetzten. Gleich zu Beginn bietet die Strecke entlang des Rio Baker wieder geniale Aussichten über den türkisfarbenen Fluss.
Einen Stopp legen wir beim Zusammenfluss der beiden Flüsse Rio Baker und Rio Nef ein. Vom Parkplatz ist es eine kurze Wanderung entlang des Sendero Confluencia bis zum Zusammenfluss. Interessant ist zu sehen, wie sich das Wasser der beiden Flüsse vermischt. Das Wasser des Rio Baker ist türkisfarben und das des kleineren Rio Nef braun. Beim Zusammenfluss bilden sich Wirbel und erst nach einigen Metern vermischt sich das Wasser komplett.
Nur ein paar hundert Meter vom Parkplatz entfernt gibt es an der Carretera Austral einen kleinen Aussichtspukt auf den Zusammenfluss. Dort finden wir auch gleich einen geeigneten Platz zum Stehen und Entscheiden uns, hier unser Nachtlager aufzuschlagen. Der Platz ist auf einer kleinen Grünfläche zwischen Büschen und bietet eine geniale Aussicht über die beiden Flüsse und die umliegende Berglandschaft mit teilweise gletscherbedeckten Gipfeln.
Der Patagonia Nationalpark im Süden der Carretera Austral
Der Patagonia Nationalpark wurde von Douglas Tompkins aufgebaut und war bis 2019 unter der Führung der von ihm gegründeten Organisation Tompkins Conservation. Freunde von uns waren vor ein paar Jahren im Patagonia Nationalpark und haben uns von der fantastischen Infrastruktur und der grossartigen Organisation des Parks erzählt. Der Park war damals sogar kostenlos zugänglich.
Inzwischen ist der Nationalpark in den Händen der CONAF, der Nationalparks Behörde von Chile. Mit der Übertragung des Nationalparks an die CONAF wurden einige Dinge verändert. Leider nicht nur zum Guten. Neu wird Eintritt erhoben, die Campingplätze sind ebenfalls kostenpflichtig und die Duschen haben kein heisses Wasser mehr. Zudem wurden alle Mülleimer abmontiert, die Infrastruktur wird nicht mehr richtig unterhalten und alles wirkt etwas ungepflegt. Ausserdem haben wir etwas Pech mit dem Personal, das wir antreffen. Diese sind weder freundlich noch zuvorkommend.
Eintritt: CLP 9’000 / EUR 10.50, Camping: CLP 8’000 / EUR 7
Sendero Lago Chico im Patagonia Nationalpark
Der Sendero Lago Chico ist eine 12.1 km lange Rundwanderung ab dem Camping Alto Valle nahe der Grenze zu Argentinien. Der Camping Alto Valle befindet sich bei Kilometer 45 entlang der Hauptroute X-83 durch den Patagonia Nationalpark. Der 4×4 Parkplatz ist nur mit Allradfahrzeugen mit hoher Bodenfreiheit erreichbar. Wenn du kein Allradfahrzeug hast, kannst du die Wanderung auch beim Campingplatz starten. Bis zum 4×4 Parkplatz sind es 4.8 km. Diese Strecke musst du hin und auch wieder zurück gehen.
Der Höhepunkt der Wanderung ist der Aussichtspunkt Douglas Tompkins mit Aussicht auf den Lago Cochrane und den Gipfel des San Lorenzo. Du solltest etwa 4 Stunden für die Wanderung einrechnen. Da die Campingplätze im Nationalpark nicht gerade günstig sind, wir mit unserem Fahrzeug nicht auf die Wiese fahren dürfen, sondern uns auf den schrägen Parkplatz stellen müssten, entscheiden wir uns die Nacht ausserhalb des Parks zu verbringen. Der Schlafplatz von gestern ist um Welten schöner als diejenigen im Park. Morgen fahren wir dann einfach nochmals in den Park, um weitere Wanderungen nahe dem Parkeingang zu unternehmen.
Sendero Lagunas Altas und Sendero Vega im Patagonia Nationalpark
Der Sendero Lagunas Altas ist eine 16 km lange Rundwanderung, die gut mit einem Teil der 7 km langen Wanderung Sendero Vega kombiniert werden kann. Zusammen ergibt sich eine Rundwanderung von etwa 20 km. Ausgangspunkt für diese Wanderung ist das Chacabuco Valley Park Office bei Kilometer 11 entlang der Route X-83 durch den Patagonia Nationalpark.
Die Wanderung sollte man möglichst früh am Morgen starten, denn man braucht dafür etwa 8 Stunden. Die ersten 6 km geht es meist aufwärts durch Steppenlandschaft, Gras und kleine Wälder. Die nächsten 6 bis 7 km sind relativ flach und bieten grandiose Aussichten auf Lagunen und Seen. Die letzten 6 km sind dann nur noch abwärts, teilweise recht steil und rutschig.
Auch das Museum beim Chacabuco Valley Park Office sollte auf jeden Fall besucht werden. Die Ausstellung im wunderschönen Gebäude zeigt die Entstehungsgeschichte des Patagonia Nationalparks, die Arbeit, die Douglas Tompkins mit seiner Frau und ihrer Organisation geleistet haben. Zudem gibt es auch einen Einblick in die Pflanzen- und Tierwelt von Patagonien und die Lebensweise der Gauchos.
Nach dem erfüllten Wandertag mit Museumsbesuch verlassen wir den Patagonia Nationalpark und fahren weiter entlang der Carretera Austral Richtung Süden. Nach 17 km erreichen wir den kleinen Ort Cochrane, wo wir etwas ausserhalb des Ortes am Rio Cochrane beim Camping Cecilia einen schönen Platz für die Nacht finden. Im Camping treffen wir auf Urs und Kitty, zwei Schweizer aus Luzern, die wir bereits auf der Valdes Halbinsel in Argentinien kennengelernt haben.
Nach den beiden Wandertagen im Patagonia Nationalpark kommt die warme Dusche auf dem Campingplatz genau richtig. Danach geniessen wir das Gespräch mit unseren Reisebekannten und kochen uns etwas Leckeres. Nachdem wir in Cochrane noch unsere Lebensmittelvorräte aufgestockt und die Diesel Tanks aufgefüllt haben, nutzen wir noch das öffentliche WiFi am Dorfplatz. Leider sind die ganzen Nachrichten wegen diesem komischen Virus etwas beunruhigend und nicht gerade aufmunternd. Wir machen uns wieder auf den Weg und fahren nach dem Mittagessen Richtung Süden. Tschüss Zivilisation. Auf geht’s in die Wildnis des Südens von Chile.
Der Abstecher nach Caleta Tortel gehört zu einem Carretera Austral Roadtrip
Gut 100 km legen wir heute auf der Carretera Austral zurück, bevor wir die Strasse wieder verlassen und der Ruta X-904 nach Caleta Tortel folgen. 23 km sind es vom Abzweiger bis zum kleinen Ort am Pazifik. Die Fahrt auf der Schotterstrasse durch dichten Regenwald ist genial. Das Wetter ist zwar schlecht. Graue Wolken hängen tief in den Wäldern und es regnet. Doch dieses Wetter passt irgendwie auch sehr gut zu den dichten Wänden aus Blättern, welchen wir entlangfahren. Ein paar Kilometer vor Caleta Tortel finden wir an einem Bach einen schönen Schlafplatz mitten in der üppigen Vegetation.
Am nächsten Morgen ist der Himmel genauso verhangen wie am Vortag. Es regnet immer noch und wir brauchen etwas Zeit, bis wir uns motivieren können die letzten Kilometer bis nach Caleta Tortel zu fahren. Ein grosser Kreisverkehr mit integrierten Parkplätzen markiert das Ende der Zufahrtstrasse zum Ort. Nun geht es nur noch zu Fuss weiter, denn Caleta Tortel ist ein Pfahlbaudorf. Die Häuser sind an das steile Ufer eines Fjordes des Pazifiks gebaut und die meisten Häuser sind nur über Laufstege auf Stelzen erreichbar. Die Zufahrtstrasse wurde übrigens erst im Jahr 2003 gebaut.
Caleta Tortel liegt zwar am Pazifik, doch um ins offene Meer zu gelangen, sind mit dem Schiff trotzdem noch etwa 100 km zurückzulegen. Denn der Pazifik verästelt sich in dieser Region in lange und enge Fjorde. Das Land ist extrem zerklüftet, steil und mit dichtem Regenwald überzogen. Der grösste Teil des Landes ist kaum zugänglich, kaum besiedelt und auch nicht genutzt. Die meisten Einwohner des Ortes leben vom Fischfang, Holzabbau und dem Tourismus.
Leider regnet es immer noch. So ziehen wir uns die Regenjacken an und machen uns auf zur Besichtigung von Caleta Tortel. Das Dorf ist wirklich einzigartig. Viele der Häuser sind sehr einfache Holzhäuser, welche auf den steilen Felsen erbaut wurden. Viele davon sind auf Stelzen errichtet und fast alle sind ausschliesslich über Holzstege erreichbar. Auch entlang des Wassers gibt es einen Steg. Und auch dieser ist auf Stelzen erbaut. Der Ort wirkt sehr verschlafen. Es gibt zwar einige Restaurants und Geschäfte, doch viele sind geschlossen. Nach dem Mittagessen machen wir uns wieder auf den Weg, zurück zur Carretera Austral. Nach den 23 km entlang der rumpeligen Ruta X-904 setzten wir unseren Carretera Austral Roadtrip Richtung Süden fort.
Mit der Fähre entlang der Carretera Austral von Puerto Yungay nach Rio Bravo
Bereits nach 21 km erreichen wir den Hafen Puerto Yungay an einem der sehr tief ins Land eingeschnittenen Fjorde. Von hier geht es nur noch mit einer Fähre weiter. Die Verbindung zwischen Puerto Yungay und Rio Bravo ist gratis, da die Fährfahrt sozusagen zur Carretera Austral gehört. Während wir auf die Fähre warten, kommen wir ins Gespräch mit einem Paar aus Brasilien und einigen Motorradfahrer. Sie alle sind Abenteurer und ebenfalls auf einem Roadtrip entlang der Carretera Austral. Unser gemeinsames Ziel ist Villa O’Higgins, das Ende der Strasse.
Als die Fähre anlegt und wir einschiffen, hellen sich die Wolken etwas auf und es dringen sogar einige Sonnenstrahlen durch die Wolken. Die Überfahrt dauert etwa 1 3/4 Stunden und die vorbeiziehende Landschaft ist beeindruckend. Ein paar Kilometer weiter entlang der Carretera Austral finden wir am Rio Brava einen schönen Platz, wo wir unser Nachtlager aufschlagen.
Zwischenfall auf dem letzten Stück entlang der Carretera Austral bis nach Villa O’Higgins
Am nächsten Morgen ist es zwar immer noch bedeckt, aber die Wolken sind höher und es regnet nicht mehr. Die Voraussetzungen für die letzte Etappe unseres Carretera Austral Roadtrips bis ans südliche Ende der Strasse sind gut. Nur noch etwa 90 km trennen uns von Villa O’Higgins und der Bahia Bahamondez, dem südlichsten Punkt der Carretera Austral. Auf der Fahrt Richtung Süden passieren wir immer wieder Bäche, die von den Gletschern gespiesen werden. Einige dieser Bäche stürzen in Wasserfällen über die Felsen in die Tiefe. Die Schotterpiste ist rau und wir werden ganz schön durchgeschüttelt.
Als sich dann kurz vor Villa O’Higgins bei einem Bremsmanöver plötzlich ein Poltern und Quietschen hinzumischt, wissen wir sofort, dass die Geräusche nichts Gutes versprechen. Wir versuchen zu bremsen, doch das macht das Geräusch nur noch schlimmer. Langsam rollen wir aus und stellen unser Fahrzeug an den Strassenrand. Die Vermutung, dass das Geräusch von vorne Links kommt, kann ich nach dem Aufbocken und Demontieren des Vorderrades bestätigen. Die beiden Schrauben, mit welchen der Bremssattel befestigt ist, wurden durch die Wellblechpisten der Carretera Austral losvibriert und sind irgendwo auf der Strecke runtergefallen.
Oh weh. Ohne diese Schrauben haben wir nur noch eine Vorderbremse. Die Schrauben sind keine Standardschrauben, die man so in der Werkzeugkiste mit dabeihat. Doch ein Blick in meine Schraubenkiste lässt ein Lächeln auf mein Gesicht zaubern. Da sind doch tatsächlich zwei Schrauben mit dem richtigen Gewinde drin. Einziges Problem. Die Schrauben sind etwas zu lang. Doch absägen kann man ja immer. Allerdings stellt sich dann das Absägen der Schrauben doch etwas schwerer raus als erwartet. Der gehärtete Stahl der Schrauben ist zäh und leider habe ich keine Vorrichtung, um die Schrauben einzuspannen. So bin ich eine ganze Weile am Sägen und dabei brechen mir auch zwei Sägeblätter. Zum Glück habe ich auch davon genügend dabei.
Nach etwa einer Stunde ist das Problem gelöst. Zumindest provisorisch. Unser Roadtrip ans Ende der Carretera Austral kann weiter gehen. Als wir ein paar Hundert Meter nach dem Zwischenfall ein steiles Strassenstück runterfahren, sind wir froh, dass das Bremsenproblem nicht auf diesem steilen Strassenstück aufgetreten ist. Mit nur einer Vorderbremse, hätte die Situation brenzlig werden können.
Bahia Bahamondez, das Ende der Carretera Austral
Nach etwa 5 km erreichen wir Villa O’ Higgins, den südlichsten Ort an der Carretera Austral. Wir fahren aber zuerst noch weiter, denn das Ende der Strasse befindet sich 4 km weiter an der Bahia Bahamondez. Hier ist wirklich Schluss mit dem Carretera Austral Roadtrip, denn von hier aus geht es nur noch per Boot weiter. Am Anlegesteg sind ein paar kleine Boote festgemacht und es gibt ein kleines Gebäude der Küstenwache. Sonst gibt es nicht viel, wäre da nicht die Tafel, die das Ende der Carretera Austral verkündet. Am Ende der Strasse gibt es nun auch endlich das wohl verdiente Mittagessen.
Frisch gestärkt schiessen wir noch die obligaten Selfies mit der Tafel, welche das Ende der Carretera Austral verkündet. Dann machen wir uns auf den Rückweg. Von hier aus geht es nur noch Richtung Norden. Die Rückflüge für unseren Heimmaturlaub sind in etwa einem Monat. Bis dahin wollen wir bis nach El Bolson in Argentinien fahren und dort unseren Land Cruiser einstellen.
Villa O’Higgins ist das südlichste Dorf und gilt als Endpunkt der Carretera Austral
Bei Villa O’Higgins wollen wir kurz ins Internet, doch das Public WiFi ist so langsam, dass wir keine Nachrichten empfangen oder senden können. Ist auch nicht so wichtig. Im kleinen Ort gibt es ein paar Restaurants, winzige Läden und Cafés. Doch alles wirkt sehr verschlafen und wenig belebt. Nach einem kurzen Spaziergang durch den Ort machen wir uns wieder auf den Weg.
Weit fahren wir heute allerdings nicht mehr. Nach 15 km sehen wir am Lago Cisnes einen kleinen Strand und einen ebenen Platz zwischen ein paar Bäumen. Der perfekte Campingplatz am Ende der Welt.
Unterkünfte in Villa O’Higgins
Posada Paso Mayer – Neues Hostel mit gepflegten Zimmern und eigenem Bad.
Rumbo Sur Hotel – Gepflegten Hotel mit gemütlichen Zimmern. Stilvoll eingerichtet.
Wunderschöner Stellplatz entlang der Carretera Austral am Lago Cisnes
Der Platz zwischen den Bäumen könnte idyllischer nicht sein. Wir stehen windgeschützt zwischen ein paar Bäumen auf einem ebenen Platz. Vor uns der Lago Cisnes mit Schilfstauden im Wasser. Eingerahmt ist der See von steilen Bergen, auf welchen noch ein paar vereinzelte Schneefelder liegen und einzelne Gletscher mit ewigem Eis sind auch noch zu sehen. Was für ein traumhaft schöner Platz.
Der nächste Morgen bringt sogar Sonnenschein mit sich und so entscheiden wir uns, an diesem schönen Platz am See gleich noch einen Tag Pause einzulegen. Mit Wasser aus dem See waschen wir ein paar unser schmutzigen Kleider, die wir zum trockenen zwischen den Bäumen an die Sonne hängen können.
Die Welt steht Kopf und wir haben keine Ahnung wie unsere Reise weiter gehen wird
Leider ist die Sonne von gestern wieder von dicken, grauen Wolken verdrängt worden. Zeit für uns unseren Carretera Austral Roadtrip Richtung Norden fortzusetzen. Die Fähre von Rio Bravo nach Puerto Yungay ist bis auf ein paar Motorradfahrer und einem Auto leer. Auch auf der Carretera Austral hat es sehr wenig Verkehr und wir wundern uns schon ein bisschen.
Als wir gegen Abend Cochrane erreichen ist die Welt irgendwie eine Andere. Da es schon spät ist entscheiden wir uns wieder auf dem Camping Cecilia zu schlafen. Wir sehen einige Militärfahrzeugen, Polizeieinsatzwagen und hören Sirenen. Über unseren Köpfen fliegen Militärtransportflugzeuge hinweg. Was ist denn bloss los. Ein französisches Paar, dass auch auf dem Camping ist, erzählt uns, dass Caleta Tortel und die Carretera Austral Richtung Süden abgeriegelt wurde. Anscheinend wurde bei einem Reisenden, der mit einem Schiff in Caleta Tortel angelandet ist, das Corona-Virus entdeckt. Nun ist das Virus also auch in Südamerika angekommen. Wir hatten wohl mächtig Glück, dass wir überhaupt noch aus dem Süden nach Cochrane fahren durften. Wir sind geschockt, wie sich die Situation in den letzten fünf Tagen verändert hat, in der wir in der Natur ohne Internetverbindung verbrachen.
Am nächsten Morgen stehen wir nach einer unruhigen Nacht voller Sorge früh auf und machen uns auf den Weg. Wir fahren gleich in den Ort und verbinden uns mit dem öffentlichen WiFi beim Dorfplatz von Cochrane. Unsere Smartphones laufen heiss. Es trudeln unzählige Nachrichten ein und wir kommen kaum nach mit lesen. Doch schon bei den ersten paar Nachrichten wissen wir, die Sache ist ernst. Sehr ernst. Auch ein Blick in die News verunsichern uns zutiefst und die Situation macht uns Angst. Schulen in der Schweiz geschlossen! Reiseverbote! Flüge eingestellt! Arbeitsleben steht still! Was läuft auf der Welt ab?
Nachdem wir uns eine Übersicht über die Situation verschafft haben, entscheiden wir uns, so schnell wie möglich Chile zu verlassen und über die nächste Grenze nach Argentinien zu fahren. Falls wir das noch schaffen. Denn wir haben gelesen, dass die Grenzen geschlossen werden sollen. Bevor wir losfahren, kaufen wir noch ein paar Lebensmittel ein. Man weiss ja nie, was noch alles auf uns zukommt.
Danach aber los Richtung Argentinien. Wir haben entschieden den kleinen, abgelegenen Grenzübergang Paso Roballos anzusteuern. So nimmt unser Carretera Austral Roadtrip ein sehr unerwartetes und abruptes Ende. Wenn du mehr über unsere Flucht vor Corona lesen möchtest und du wissen wills, ob wir es noch über die Grenze geschafft haben, findest du im Beitrag „Flucht vor Corona – Wettlauf gegen die Zeit“ mehr dazu.
Hilfreiche Informationen und Tipps für den Carretera Austral Roadtrip durch Chile
Chile Reiseführer
Für die Planung eines Carretera Austral Roadtrips durch Chile eignen sich Reiseblogs, Reiseberichte und Reiseführer. Wir sind mit dem Chile Reiseführer von DuMont gereist und waren zufrieden damit.
Wenn du lieber mit dem Lonely Planet reist, kannst du dir hier deinen Chile Reiseführer bestellen.
Reisekrankenversicherung
Eine Reiseversicherung ist für uns im Ausland nicht wegzudenken. Seit vielen Jahren sind wir bei World Nomads versichert und das gibt uns ein gutes Gefühl. Denn passieren kann immer etwas. Weitere Informationen findest du auf der offiziellen Webseite von World Nomads: Offerte anfragen
DKB Kreditkarte
In Chile ist das Bezahlen mit einer Debitkarte oder Kreditkarte weit verbreitet. Kennst du die DKB? Die Internetbank bietet ein kostenloses Girokonto mit einer kostenlosen Visa Debitkarte an. Eine zusätzliche Kreditkarte ist kostenpflichtig.
Klick hier für weitere Informationen und den Antrag für ein DKB Girokonto
SIM Karte und Datenpaket für dein Mobiltelefon
In Südamerika kannst du dir praktisch an jedem Kiosk oder Tankstelle eine SIM-Karte und Datenpakete kaufen. Falls du ein Smartphone mit eSIM (digitale SIM-Karte) hast, kannst du eine eSIM von Airalo verwenden. Wir haben als Backup Airalo aktiviert. Diese Lösung hat sich für uns voll und ganz bewährt. Ist dein Mobiltelefon eSIM tauglich können wir dir Airalo wärmstens empfehlen. Hier findest du mehr zu den Produkten von Airalo
Airalo bietet eSIM Lösungen für über 200 Länder und Regionen, aber auch weltweite Datenpakete an. Als Backup haben wir immer eine eSIM mit weltweiter Abdeckung mit dabei. Das Datenpacket mit 1 GB ist für 7 Tage gültig und kostet nur gerade USD 9. So haben wir bereits bei Ankunft in einem neuen Land mobile Daten und können dann entweder noch eine lokale SIM Karte organisieren oder mehr Daten dazu kaufen.
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Danke für den schönen, interessanten Bericht. Wir sind gerade am planen, die Carretera Austral im Februar 24 zu befahren.
Herzliche Grüße
Eugen
Hallo Eugen, toll eure Pläne. Die Carretera Austral ist genial. Wünschen euch viel Spass und eine gute Fahrt.
Viele Grüsse, Reni